Von einer Zeitenwende hatte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz bereits Ende Februar gesprochen, als er ein Sondervermögen in der Höhe von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr ankündigte. In Österreich wartete man seitdem auf konkrete Zahlen zum künftigen Verteidigungshaushalt. Am Donnerstag war es so weit: Bundeskanzler Karl Nehammer, Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und Finanzminister Magnus Brunner (alle ÖVP) präsentierten die Einigung zum Landesverteidigungsbudget 2023.

Das mehrfach kommunizierte Mindestziel von einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) wird zwar erreicht, aber nur mit einem rechnerischen Trick. In dieser Kennzahl sind auch die Pensionen für Bundesheerangehörige inkludiert, was rund 0,15 Prozent des BIP ausmacht. Das Verteidigungsbudget steigt im kommenden Jahr um rund 22 Prozent bzw. 680 Millionen Euro auf 3,32 Milliarden Euro. Der weitere Finanzrahmen für die kommenden Jahre wurde verbindlich festgelegt: 3,7 Milliarden (2024), 4,2 Milliarden (2025) und 4,7 Milliarden (2026).

Umstrittene Berechnung

Heeresintern sorgte die Miteinberechnung der Pensionen in den BIP-Anteil für großes Unverständnis, weil in keinem anderen Ressort so eine Regelung zum Tragen kommt. "Das erhöht die internationale Vergleichbarkeit. Diese Definition verwendet auch die Nato", erklärte Finanzminister Magnus Brunner auf Journalistenfragen. "Die Pensionen werden nicht aus unserem Budget bestritten", stellte Tanner klar, die entsprechende Berichte bezeichnete sie als "schlichtweg falsch". Auch Bundeskanzler Karl Nehammer reagierte auf Einwände gereizt und sprach von einer "Orchideenauseinandersetzung". Das Heeresbudget sei über Jahrzehnte ausgehungert worden. "5,3 Milliarden Euro mehr in den nächsten vier Jahren für das Bundesheer sind Fakten", so Nehammer.

Langfristige Finanzierung

Den von Ministerin Klaudia Tanner und Ex-Generalstabschef Robert Brieger im Frühjahr geforderten 1,5 Prozent des BIP soll sich das Budget schrittweise nähern. 2026 beträgt der BIP-Anteil demnach 1,33 Prozent, im Jahr 2027 schließlich 1,5 Prozent. "Wir erreichen das Ziel damit noch früher", sagte Tanner.

Um Planbarkeit über einen Zeitraum von zehn Jahren zu haben, soll ein neues Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz im Parlament beschlossen werden. Ein jährlicher Landesverteidigungsbericht soll "höchste Transparenz" über die militärischen Ausgaben ermöglichen, betonte Tanner.

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Als Schwerpunkte der Investitionen in den kommenden Jahren wurden genannt: Autarkie, Mobilität der Einsatzkräfte und Schutz der Soldaten. So sollen weitere geschützte Mannschaftstransportfahrzeuge des Typs Pandur beschafft werden, die bestehenden Kampf- und Schützenpanzer werden modernisiert. Bis 2025 sollen das Projekt der autarken Kasernen umgesetzt sein. In der Luft steht im Jahr 2029 die Nachfolgelösung für die Transportmaschine C-130 "Hercules" an, der Beschaffungsprozess wurde bereits eingeleitet.

Wie die "Presse" berichtete, steht auch der Kauf dreier gebrauchter Eurofighter aus deutschen Beständen wieder hoch im Kurs (Wir berichteten bereits 2019 über diese Option). Tanner dementierte das auf entsprechende Nachfrage nicht, oberste Priorität habe jedoch die "Wiederherstellung der Detektionsfähigkeit in der Nacht" beim Eurofighter. Auch der designierte neue Generalstabschef Rudolf Striedinger hatte den Kauf weiterer Eurofighter im Gespräch mit der Kleinen Zeitung vor einem Monat nicht als "Toppriorität" eingestuft.

Nicht oberste Priorität: Doppelsitzer-Eurofighter der deutschen Luftwaffe
Nicht oberste Priorität: Doppelsitzer-Eurofighter der deutschen Luftwaffe © APA/Wolfgang Sablatnig

Mehr Transparenz

Der Wehrsprecher der Grünen, David Stögmüller, zeigt sich in einer Aussendung zufrieden über die mit dem Koalitionspartner erzielte Einigung. Er verweist auf eine weitere Vereinbarung: "Wir erhöhen nicht nur das Budget, sondern haben auch längst überfällige Transparenzmaßnahmen in den Beschaffungsprozessen des Heeres implementiert. Was das Antikorruptionsvolksbegehren einst vorschlug, wird jetzt Gesetz: Denn die Beschaffungen des Bundesheeres werden künftig von einer unabhängigen Kommission kontrolliert."