Epidemiologe Gerald Gartlehner von der Donau-Universität Krems lobt die am Donnerstag verkündeten Lockerungen der Corona-Maßnahmen: "Grundsätzlich sind die Öffnungsschritte gerechtfertigt", sagt Gartlehner in der zib2 am Donnerstagabend - angesichts der massiv sinkenden Infektionszahlen in allen Altersgruppen empfiehlt er sogar, die Maskenpflichten in Schulen weiter zu lockern als bisher angekündigt. In den Volksschulen etwa brächten Masken kaum etwas, "der Zusatznutzen ist nicht gegeben". Das hätte zuletzt auch eine Studie aus Spanien bestätigt, so Gartlehner.

Der Epidemiologe fordert die Regierung auf, sich auf unterschiedliche Szenarien vorzubereiten: Wenn die Omikron-Variante bleibt, könnte man erwägen, ab dem Spätsommer wie mit der Grippe damit umzugehen  "da haben wir genug Immunität gegen schwere Verläufe aufgebaut". Komme stattdessen eine neue, gefährlichere Variante, "dann ist alles möglich, da müssen wir das ganze Arsenal vorbereiten".

Masken nur noch im Supermarkt und Öffis

Am Samstag, 16. April, werden die Corona-Maßnahmen erneut gelockert: Die generelle Maskenpflicht in Innenräumen fällt. In der Gastronomie und dem nicht-essenziellen Handel muss künftig keine Maske mehr getragen werden. In öffentlichen Verkehrsmitteln, Krankenhäusern und dem lebensnotwendigen Handel (zum Beispiel im Supermarkt) gilt die FFP2-Pflicht aber weiter. Die neue Verordnung gilt bis 8. Juli.

Die Gültigkeit des Grünen Passes wird für dreifach Geimpfte von neun auf zwölf Monate verlängert. Denn ab Juni beginnt der Impfnachweis auch für die ersten Dreifachgeimpften abzulaufen. Das Nationale Impfgremium empfiehlt einen vierten Stich aber nur für Risikogruppen.

Ab Samstag, 16. April gilt:

  • Maskenpflicht nur noch im lebensnotwendigen Handel und dem öffentlichen Verkehr
  • FFP2-Pflicht und 3G bleibt in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen
  • 3G-Regel bei Veranstaltungen und der Nachtgastro wird aufgehoben
  • Die Gültigkeit des grünen Passes wird für dreifach Geimpfte (und Genesene mit zwei Impfungen) auf zwölf Monate (365 Tage) verlängert

Für Genesene und zweifach Geimpfte gilt er weiterhin sechs Monate lang. Die Botschaft sei: "Wer dreimal geimpft ist, kann unbeschwert in den Urlaub fahren!", so der Gesundheitsminister, der einmal mehr appellierte, sich den dritten Stich zu holen.

Maske bleibt alltäglicher Begleiter

Auch wenn die allgemeine Maskenpflicht gefallen ist: Das Gesundheitsministerium empfiehlt weiterhin das Tragen einer FFP2-Maske in Innenräumen. Ohnehin bleibt die Maske stetiger Begleiter, denn zum lebensnotwendigen Handel zählen neben Lebensmittelhändlern wie Supermärkten etwa auch Apotheken, Drogerien, Tankstellen, Banken, Postfilialen oder Trafiken.

Zum öffentlichen Verkehr werden neben Bus und Bahn (und deren Haltestellen) zum Beispiel auch Taxis oder Seilbahnen gezählt. Auch in Einkaufszentren, Behörden, Gerichten, Einrichtungen zur Religionsausübung sowie "in Betriebsstätten und an sonstigen Orten, an denen Gesundheits- und Pflegedienstleistungen erbracht werden", muss grundsätzlich weiterhin die Maske getragen werden.

Kurz gesagt: In allen Innenräumen, in die man zwingend gehen können muss, gilt weiterhin die Maskenpflicht. Das betonte auch der Gesundheitsminister: "Diese kleine Unannehmlichkeit sollten wir in Kauf nehmen, weil wir andere und uns schützen."

Arbeitnehmer in den Masken-befreiten Bereichen müssen keinen entsprechenden Schutz mehr anlegen. Das heiß: eine Verkäuferin im Supermarkt muss weiter FFP2-Maske tragen, sofern es keine anderen geeigneten Schutzeinrichtungen wie Plexiglas gibt, eine Verkäuferin im Modehandel darf hingegen ihr Gesicht zeigen.

Stark zurückgenommen werden die Präventionskonzepte. Sie müssen außerhalb des Pflege- und Gesundheitssektors nur noch bei Veranstaltungen mit 500 Personen oder mehr erstellt und ein Präventionsbeauftragter ernannt werden.

"Hin und Her bei Maßnahmen" laut Rauch beendet

Er sei mit der Absicht angetreten, um bei der Pandemiebekämpfung "Ruhe und Ordnung hineinzubringen" und das Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen, sagte Rauch am Donnerstag bei der Pressekonferenz zur Präsentation der Lockerungen.

In der Omikron-Welle sei die Maskenpflicht in Innenräumen notwendig gewesen, "jetzt hat sich die Situation deutlich entspannt", so der Gesundheitsminister. Das werde in den nächsten Tagen und Wochen laut Prognosen auch so bleiben. "Das heißt, jetzt ist der richtige Zeitpunkt für Lockerungen".

Die Gültigkeit der neuen Verordnung bis zum allgemeinen Beginn der Sommerferien im Juli schaffe "endlich Klarheit und Planungssicherheit über einen längeren Zeitraum", sagte Rauch: "Das ständige Hin und Her bei den Maßnahmen können wir heute endlich beenden".

Wien macht Lockerungen mit: 2G fällt in allen Bereichen

Wien, das in der Pandemiebekämpfung stets einen strengeren Sonderweg gegangen war, folgt den Lockerungen des Bundes ab Samstag großteils. Das gaben der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) und der Medizinische Direktor des Wiener Gesundheitsverbunds, Michael Binder, heute Mittag bekannt.

Seit etwa einer Woche würde man auch einen Rückgang der Neuaufnahmen an Corona-Patienten in den Spitälern sehen, sagte Hacker. Mit Samstag werd Wien daher "in weitesten Zügen" den Lockerungs-Weg des Bundes mitgehen.

Das heißt neben den Regeln des Bundes: 2G fällt in Wien in allen Bereichen. Nur in Spitälern und Pflegeheimen bleibt Wien vorsichtiger: Hier muss in der Hauptstadt weiterhin ein Corona-Test vorgewiesen werden.

Maske im Supermarkt für Handelsverband "nicht nachvollziehbar"

Die Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV) zeigt sich über die Lockerungen "hell erfreut". Mit dem Rückgang der Neuinfektionszahlen habe man bereits gesehen: "Die globale Reiselust kehrt zurück", sagt ÖHV-Generalsekretär Markus Gratzer in einer Aussendung. Die Aufhebung der Einschränkungen werde "diesen Trend merklich verstärken", zeigt er sich überzeugt.

Eine Abschaffung der Maskenpflicht im gesamten Handel wäre aber "wünschenswert" gewesen, heißt es in einer Aussendung des Handelsverbandes. Die Unterscheidung zwischen lebensnotwendigem und nicht-lebensnotwendigem Handel sei ebenso wenig nachvollziehbar wie die Tatsache, dass ab Samstag im Supermarkt Maske getragen werden muss, während in der Nachgastro "keinerlei Maßnahmen mehr gelten sollen".

"Ein ‚Durchatmen‘ gibt es ab Karsamstag nur für die Beschäftigten im nicht lebensnotwendigen Handel", resümiert Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes. Schon gestern hatten sich im Handel Rufe nach einem Ende der Maskenpflicht gemehrt.

Die Maskenpflicht im Innenraum sei auch bei sinkenden Corona-Zahlen weiterhin wichtig, sagte die stellvertretende Bundesrettungskommandantin des Roten Kreuzes, Monika Stickler, heute am Rande einer Pressekonferenz: "Alles, was Infektionsketten unterbrechen kann, ist sinnvoll." Stickler bittet vor allem, nicht in jedem Bundesland andere Regeln zu schaffen, "das kann die Bevölkerung nicht mehr mittragen."

SPÖ vermisst Plan für Herbst, FPÖ Ende aller Maßnahmen

SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher vermisst indes Pläne für den Herbst: "Wie rüstet sich Österreich auf die nächste Welle? Wie gedenkt man die Impfquote zu heben?", fragt der Abgeordnete, der an der Tauglichkeit der aktuellen Impfkampagne zweifelt, in einer Aussendung.

Kritik an den Lockerungen kommt von der FPÖ, die ein komplettes Ende aller Corona-Maßnahmen fordert. "Ein Land nach dem anderen" habe in den letzten Wochen die Corona-Pandemie für beendet erklärt, sagte FPÖ-Chef Herbert Kickl in einer Aussendung. "Österreichs Bundesregierung ignoriert diese Entwicklung und schwimmt weiter gegen den Corona-Strom", kritisiert Kickl.

Auch Neos-Pandemiesprecher Gerald Loacker kritisiert, dass Österreich mit Maskenpflicht und Grünen Pass europaweit einen "Sonderweg" geht. "Österreich muss langsam raus aus dem Krisenmodus. Wir müssen endlich lernen, mit dem Virus zu leben", sagte Loacker in einer Aussendung.