Die Zahl der Neuinfektionen steigt schnell, in den letzten zwei Tagen hat sie sich verdoppelt. Gleichzeitig bleibt die Belastung auf den Intensivstationen hoch. Vor allem die auch zu Silvester geltende Sperrstunde um 22 Uhr löste dennoch lauten Protest aus der Wirtschaft aus. Die Regierung hält aber daran fest. Mitglieder der Gecko-Kommission rufen die Bevölkerung auf, zu Silvester Vorsicht wahren zu lassen, um dem Gesundheitssystem Zeit zur Entlastung zu gewähren und einen erneuten Lockdown zu verhindern.

Es tue ihm "leid für die Österreicherinnen und Österreicher" aber aus Sicht der beratenden Experten sei die Sperrstunde auch zu Silvester einfach notwendig, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP). "Wir versuchen unser Bestes, die Menschen zu schützen."

Eine Absage an die Touristiker kommt auch aus dem Gesundheits- wie aus dem Tourismusministerium und von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP). Sie alle verwiesen heute im "Ö1-Mittagsjournal" auf das Beratungsgremium "Gecko" der Bundesregierung, das zur Vorsicht rund um den Jahreswechsel mahnt.

Kritik aus der Wirtschaft

Etwas anders sieht das der Tiroler Landeshauptmann und Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz, Günther Platter (ÖVP). "Solche überfallsartigen Entscheidungen führen nur zu weiteren Verunsicherungen und werden uns im Kampf gegen die Pandemie und Omikron nicht weiterbringen", sagte er der "Tiroler Tageszeitung".

Gastronomen trommeln bereits seit Tagen gegen die Vorverlegung der Sperrstunde auf 22:00 Uhr, insbesondere zu Silvester. "Die Hoffnung stirbt zuletzt", so Gastronomie-Obmann Mario Pulker, sehr optimistisch sei er aber nicht. Er erwartet alleine vom Ausfall des Geschäftes zum Jahreswechsel einen branchenweiten Umsatzverlust von 50 bis 60 Prozent. Wifo-Experte Oliver Fritz sprach heute im "Ö1-Mittagsjournal" von rund 40 Prozent.

Markus Grießler von der Wiener Wirtschaftskammer rechnete vor: "Der abgesagte Silvesterpfad und die eingeführte Sperrstunde um 22 Uhr kosten den Wiener Tourismus 50 Millionen Euro. Einnahmen, die auch nicht mehr nachgeholt werden können."

Opposition gespalten

FPÖ-Parteiobmann Herbert Kickl kritisiert, dass die Tourismus- und Gastronomiebetriebe leiden, "obwohl vor wenigen Wochen die ÖVP-Tourismusministerin Elisabeth Köstinger noch vollmundig versprochen hat, dass es heuer eine Wintersaison geben werde." Die NEOS erachten die Sperrstundenregelung als "sinnbefreit" und verlangen ein Schließen um ein Uhr.

Von den SPÖ kommt Verständnis für die Sperrstunde vor Mitternacht. Deren Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner meinte auf Facebook, dass heuer "nicht die Zeit für Partys und große Feiern" ist.

Experten rufen zu Vorsicht auf

Die Generaldirektorin für Öffentliche Gesundheit und Gecko-Leiterin Katharina Reich appelliert, sich an die Maßnahmen zu halten. Silvester sei höchstwahrscheinlich "auch markanter Wendepunkt in der Infektionskurve. Wir müssen Zeit gewinnen und uns jetzt an die Maßnahmen halten. Lassen Sie sich testen, feiern Sie im kleinen Kreis." Bereits jetzt sei klar, dass Omikron große Gefahren mit sich bringe: "Extrem rasche Entwicklungen sind zu erwarten."

Lockdown-Risiko gemeinsam reduzieren

Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres verteidigt die umstrittene Sperrstunde um 22 Uhr, die auch zu Silvester gilt. Sie sei "ein wichtiges Signal, um klar zu machen, dass groß angelegte Feiern zum heurigen Jahreswechsel gefährlich sind und gravierende Auswirkungen aufs Infektionsgeschehen haben können." Die Omikron-Welle werde kommen, "es liegt aber an uns allen, wie schnell und wie groß sie wird. Wenn wir jetzt vorsichtig sind, dann können wir gemeinsam das Risiko eines weiteren Lockdowns reduzieren."

Auch Markus Müller, Direktor der Medizinischen Universität Wien betont, dass die Maßnahmen dazu beitragen "die Belastung der Intensivstationen weiter zu reduzieren, allen Impfwilligen noch die Gelegenheit zu einer Booster Impfung zu geben und somit für eine Omikron Welle vorbereitet zu sein".

Demonstrationen als Infektionsgefahr

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) kündigte heute Schwerpunktkontrollen der Polizei zum Jahreswechsel an und meinte: "Ich appelliere an alle, feiern Sie Silvester, aber feiern Sie im kleinen Kreis mit Freunden oder Familie."

Kanzler Nehammer rät auch von Demonstrationen zu Silvester ab: "Nicht alles, was erlaubt ist, ist auch vernünftig zu tun." Etwa das Versammlungsrecht "zu unterwandern oder gar zu missbrauchen und sich dann einer neuerlichen Gefahr einer Infektionswelle auszusetzen". Auch Generalmajor Rudolf Striedinger riet von der Teilnahme an Versammlungen ab, aber: "Wenn notwendig, dann mit Maske und ausreichend Abstand."