Als der Iran im letzten Sommer seinen ersten heimischen Militärjet präsentierte, kannte der Spott in den sozialen Medien keine Grenzen. "Hier eine Münze einwerfen, dann lässt dich das Teil zehn Minuten spielen", twitterte einer zu dem Foto des stolz lächelnden Präsidenten Hassan Rohani, der bei der Feierstunde selbst in das Cockpit kletterte.
Das Kampfflugzeug Kowsar sei mit modernster Bordelektronik und Radartechnik ausgestattet und zu "hundert Prozent" von heimischen Rüstungsexperten entwickelt, brüsteten sich die staatlichen Medien. Doch niemand weiß, ob der angebliche Neubau auch tatsächlich fliegt. Auf dem Propagandavideo rollte er lediglich auf dem Flugfeld herum. Start oder Landung dagegen waren nicht zu sehen. Dafür fiel Fachleuten auf, dass der iranische Vogel allzu sehr dem betagten amerikanischen F-5F Tiger ähnelt, von denen der Schah in den Siebzigerjahren mehr als hundert kaufte und noch 58 in Betrieb sind.

Militärisches Schwergewicht in der Region

Ohne Zweifel zählt die Islamische Republik militärisch zu den Schwergewichten der Region. Doch wie seine zivile Infrastruktur, sind auch Panzer, Kampfjets und Geschütze wegen der Sanktionen heillos veraltet. Von den 1650 Panzern sind die meisten amerikanische M-60 oder russische T-72. Die Marine verfügt über vier Zerstörer, drei U-Boote und 18 Patrouillenschiffe plus Dutzender kleiner Schnellboote, die bisweilen provokante Scheinattacken auf US-Kriegsschiffe im Persischen Golf fuhren. Die Luftwaffe besitzt 325 amerikanische, russische und französische Jets, allesamt ein halbes Jahrhundert alt, die weder für die amerikanische noch die israelische oder saudische Luftwaffe eine Bedrohung sind.

Gefährliche Raketen 

Weitaus gefährlicher dagegen sind Teherans ballistische Raketen. Iran habe das größte und vielfältigste Arsenal solcher Geschosse im Nahen Osten, schreiben Michael Elleman und Mark Fitzpatrick in einer Analyse des "International Institute for Strategic Studies". Acht der gegenwärtig 13 iranischen Raketentypen seien eindeutig so konstruiert, dass sie Nuklearsprengköpfe tragen könnten. "Angesichts der zentralen Rolle, die ballistische Raketen in Irans Verteidigung und Abschreckung spielen, vor allem auch angesichts der veralteten und unterlegenen Luftwaffe, ist es unvorstellbar, dass Teheran diese freiwillig aufgibt", urteilen die beiden Spezialisten.

Insgesamt gibt der Iran pro Jahr 18 bis 22 Milliarden Euro für seine Streitkräfte aus, das entspricht etwa vier Prozent des Bruttosozialproduktes, kalkulierte der Wissenschaftliche Dienst des US-Kongresses in Washington. Das Bundesheer erhält etwas mehr als 2 Milliarden Euro. Irans Kontrahenten am Golf dagegen wenden jedes Jahr mehr als 90 Milliarden Euro auf. Zwei Drittel des iranischen Militäretats fließen an die Revolutionären Garden, die 125.000 Mann unter Waffen haben. Das übrige Drittel geht an Heer, Luftwaffe und Marine mit 350.000 Soldaten, von denen zwei Drittel Wehrpflichtige sind. Iranische Rekruten beschreiben ihren 21-Monate-Dienst oft als eine Tortur aus körperlicher Demütigung, psychologischem Stress und klein karierten Schikanen. Zusätzlich verfügt die Republik noch über etwa 100.000 Basij-Milizen, die ebenfalls kaserniert sind. Das eigentliche Rückgrat der iranischen Streitkräfte sind die Revolutionären Garden, die direkt dem Revolutionsführer Ali Khamenei unterstehen und kürzlich von den USA zur Terrororganisation erklärt wurden.

Regionale Milizen

Vor allem die al-Quds-Auslandsbrigade mit 15.000 Elitesoldaten dient der Führung als Instrument für regionale Machtambitionen. Unter dem Kommando des populären Generals Qassem Soleimani agieren sie nicht an vorderster Front, sondern hinter den Kulissen. Sie unterstützen das Assad-Regime, die Hisbollah, rüsten die jemenitischen Huthis auf und kämpften an der Seite der irakischen Armee gegen den "Islamischen Staat". Die iranische Führung weiß, dass sie einer offenen militärischen Konfrontation mit den USA und ihren arabischen Alliierten nicht gewachsen ist. Dieses Defizit kompensiert der Iran, indem man regionale Milizen trainiert, ohne als direkter militärischer Akteur in Erscheinung zu treten – eine Strategie, gegen die bisher weder die USA noch ihre Verbündeten in der Region ein Rezept gefunden haben.