Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und US-Präsident Donald Trump haben sich für ein stärkeres europäisches Engagement in der NATO ausgesprochen. Vor einem bilateralen Gespräch sagte Macron: "Es ist unfair, dass die europäische Sicherheit heute nur durch die Vereinigten Staaten gewährleistet ist. Deshalb glaube ich, dass wir mehr europäische Kapazitäten, mehr europäische Verteidigung brauchen." In Lodz warf unterdessen EU-Ratspräsident Donald Tusk dem US-Präsidenten vor, gegen ein "geeintes und starkes Europa" zu sein.

Auch Trump forderte erneut eine gerechtere Lastenverteilung innerhalb der NATO. Bisher liege die Last vor allem auf den USA, sagte Trump. "Wir wollen, dass es fair ist." Die USA wollten sich weiter engagieren. "Aber andere Länder müssen auch helfen. Und der Präsident und ich stimmen da sehr überein." Macron fügte hinzu: "Wenn Präsident Trump einen Staat der Vereinigten Staaten schützen oder verteidigen muss, bittet er nicht Frankreich oder Deutschland oder eine andere Regierung in Europa darum, das zu finanzieren."

Macron betonte: "Ich teile die Ansicht von Präsident Trump, dass wir eine viel bessere Lastenverteilung innerhalb der NATO brauchen. Und deshalb glaube ich, dass meine Vorschläge für eine europäische Verteidigung damit vollständig übereinstimmen, weil das mehr Europa innerhalb der NATO bedeutet."

"Sehr kränkend"

Der französische Präsident hatte sich zuvor für den Aufbau einer europäischen Armee zum Schutz vor Russland ausgesprochen. Trump hatte das am Freitagabend nach seiner Ankunft in Paris scharf kritisiert. "Sehr kränkend", schrieb Trump auf Twitter. "Vielleicht sollte Europa zuerst seinen gerechten Anteil an der NATO bezahlen, die die USA erheblich bezuschussen!"

Eigenhändig gestrichen

EU-Ratspräsident Donald Tusk hat US-Präsident Donald Trump vorgeworfen, gegen ein "geeintes und starkes Europa" zu sein. Erstmals in der Geschichte gebe es eine US-Regierung, die einem einigen Europa wenig "Enthusiasmus" entgegenbringe, und das sei noch "milde formuliert", so Tusk am Samstag in Lodz, wo er an einer Veranstaltung zum 100. Jahrestag der polnischen Unabhängigkeit teilnahm.

Seine Vorwürfe gegen den US-Präsidenten basierten auf Tatsachen und nicht auf Propaganda, führte der EU-Ratspräsident weiter aus. So habe Trump etwa vor einem halben Jahr "praktisch mit seiner eigenen Hand" die bisher stets übliche Versicherung der sieben westlichen Industrienationen aus ihrer G-7-Gipfelerklärung in Kanada herausgestrichen, wonach "wir die auf unseren Prinzipien und Werten basierende Ordnung respektieren wollen".

Trump sagte bei dem Treffen, er und Macron seien in den vergangenen Jahren "sehr gute Freunde" geworden. "Wir haben viel gemeinsam." Macron nannte Trump "meinen guten Freund".

Trump: "Große Fortschritte" im Handelskonflikt

Trump erklärte, bei seinem Besuch werde es auch um den Handelskonflikt mit der EU gehen. "Ich denke, wir haben große Fortschritte gemacht." Nun müsse es darum gehen, zu einer Einigung zu kommen. Macron sagte, man werde auch über den eskalierenden Konflikt zwischen den USA und dem Iran sowie über die Kriege in Syrien und im Jemen sprechen.

Emmanuel Macron, Donald Trump
Emmanuel Macron, Donald Trump © (c) AP (Kamil Zihnioglu)

Gedenken an Weltkriegsende: Macron trifft auch Merkel

Anlass von Trumps Besuch in Frankreich sind die Gedenkfeiern zum Ende des Ersten Weltkriegs vor hundert Jahren. Nach ihren Beratungen wollen die beiden Präsidenten gemeinsam mit ihren Ehefrauen, Brigitte Macron und Melania Trump, zu Mittag essen.

Trump will anschließend noch zwei US-Soldatenfriedhöfe in Frankreich besuchen. Macron reist am Nachmittag mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Compiegne nordöstlich von Paris, wo die Deutschen am 11. November 1918 den Waffenstillstand mit den Alliierten unterzeichneten und damit ihre Kapitulation besiegelten.

Gemeinsam gedenken Macron und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel am heutigen Samstag (15.30 Uhr) des Endes des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren. Sie fahren dazu zu einer Gedenkstätte in die Nähe der nordfranzösischen Stadt Compiegne, wo am 11. November 1918 auf einer Waldlichtung der Waffenstillstand in einem umgebauten Speisewagen unterschrieben worden war. Am Sonntag beginnt dann der "Weltkriegs-Gipfel" in Paris.

Rund 60 Staats- und Regierungschefs werden am Wochenende in der französischen Hauptstadt erwartet, unter ihnen der russische Präsident Wladimir Putin und der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan. Österreich ist durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen vertreten. Höhepunkt wird am Sonntag eine große Gedenkfeier im Schatten des Pariser Triumphbogens sein. Am Nachmittag besucht die deutsche Kanzlerin ein Friedensforum, bei dem sie die Eröffnungsrede hält.