Der Bischof von Vac, Miklos Beer, hat scharfe Kritik an den neuen diskriminierenden ungarischen Gesetzen geübt, die sich unter anderem gegen Obdachlose, Roma und Flüchtlingshelfer richten, wie Kathpress meldet. Mit 160 Ja- zu 18 Nein-Stimmen hatte das ungarische Parlament am 20. Juni ein Gesetzespaket verabschiedet, dass die ohnehin schwierige Lage von Obdachlosen weiter verschärft.

Durch die Verabschiedung ist es Obdachlosen im ganzen Land verboten, sich an öffentlichen Orten aufzuhalten oder niederzulassen. Wer gegen das Gesetz verstößt, wird mit Geldstrafen und im Wiederholungsfall sogar mit Freiheitsentzug bestraft.

Offene Kritik an Politik Orbans

Beer, der zu den wenigen hochrangigen Kirchenvertretern in Ungarn gehört, die offen Kritik an der Politik der rechtsnationalen Regierung von Viktor Orban üben, sagte dem regierungskritischen Wochenmagazin "Vasarnapi Hirek", er stelle sich die Frage, was Jesus heute tun würde. Außerdem helfe ihm Papst Franziskus mit seinen Seelsorge-Schwerpunkten und seinem Beispiel. Das gelte auch bei Obdachlosigkeit, denn "dieses Problem kann man mit Verordnungen nicht lösen". Zuerst hätte man daran denken müssen, ob es nicht Institutionen gebe, die etwas für die Betroffenen tun und in ihrer Arbeit gestärkt werden sollten - darunter "engagierte Gemeinschaften und die Kirche".

Es wäre zudem "gefährlich", wenn alle Obdachlosen von den Straßen verschwinden würde, warnte der Bischof: "Da kann es leicht passieren, dass der Gedanke siegt: 'Es gibt ohnehin kein Problem mehr, wir brauchen da nichts mehr zu tun'." Vielmehr wäre es an der Zeit wahrzunehmen, dass es sich dabei um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe handelt. "Und es gilt zu erkennen, wo ein menschliches Schicksal in die Brüche geht", so Beer.

Scharfe Kritik äußerte er auch an der Diskriminierung der Roma. Der Ideologe der regierenden Fidesz-Partei, der Publizist Zsolt Bayer, hatte die Roma zuletzt als "Tiere" bezeichnet. Sei seien "unwürdig, unter Menschen zu leben". Beer sagte, die "größte Tragödie" Ungarns sei diese Art der Abwertung. Es sei dann auch zu fragen, "auf welcher Grundlagen wir behaupten, ein 'christlicher Staat' zu sein".

Die politische Führung könne jedenfalls nicht vorgeben, wie ein Gläubiger sich richtig verhalten solle. Eine Trennung von Kirche und Staat sei deshalb ein wichtiges Grundprinzip, wenn es auch viele Gebiete gebe, wo eine Zusammenarbeit nötig sei, so Beer: "Aber das Überbetonen eines 'christlichen Regierungsprogramms' ist falsch. Was sollen etwa unsere jüdischen Mitbürger dazu sagen?"

Das Wort "christlich" bedeute "etwas anderes, wenn es ein Politiker benutzt und wieder etwas anderes, wenn es ein Gläubiger als Auftrag versteht". Weil "christlich" in Ungarn heute oft missbraucht werde, "überlege ich mir bereits, mich nicht als Christen, sondern als Anhänger des Nazareners (Jesus von Nazareth, Anm.) zu bezeichnen", erklärte der Bischof.

"Bunte Welt"

Zum Fremdenhass meinte er, dass endlich aus der Geschichte gelernt werden müsse. Gott habe jedenfalls "eine bunte Welt und eine bunte Menschheit geschaffen". Diesem Geschenk Gottes sollte entsprechen, alles geschwisterlich zu teilen. Menschlich zu sein heiße, "miteinander mit Geduld, Verständnis und Hilfsbereitschaft umzugehen".

Die Kirchen hätten diesbezüglich eine große Aufgabe und eine große Verantwortung. "Wenn ich deshalb immer wieder die interne Praxis meiner Kirche kritisiere, bange ich zugleich um sie. Wir sollten uns zweimal fragen: Treiben wir nur Wortverkündigung im religiösen Gewand oder sind wir tatsächlich Anhänger Jesu?", so Beer.