Das Brexit-Votum hat Großbritannien in eine politische Krise gestürzt, und die Konservative Partei gleich mit.

Denn die Tories brauchen nach dem Brexit-Fiasko eine neue Parteiführung, die automatisch auch David Camerons Nachfolge im Amt des Premiers antritt. Und alles deutet auf Theresa May hin. Am Ende müssen es wieder die Frauen richten.

In der gespaltenen konservativen Partei ist die Sehnsucht nach Versöhnung groß. Die 59-Jährige, die als besonnen und ruhig gilt, geht in den heutigen fraktionsinternen Wahlgang als Favoritin ins Rennen. Anfang September muss sie sich in einer Abstimmung unter den 150.000 Parteimitgliedern mit dem oder der Zweitplatzierten einer Stichwahl stellen.

Theresa May ist die am längsten amtierende Innenministerin (seit 2010) einer britischen Regierung seit 100 Jahren. Während der Referendumskampagne hielt sich die EU-kritische Politikerin zurück, unterstützte diskret ihren Gönner David Cameron und sagte, Großbritannien wäre besser innerhalb als außerhalb der EU aufgehoben. Doch der Volks-Entscheid sei die Basis der Demokratie, daher gelte für sie jetzt: „Brexit ist Brexit“. Eilig habe sie es mit dem Austritt aber nicht.

Schon 2002 forderte sie ihre Mitstreiter der Conservative Party auf, miteinander, statt gegeneinander zu arbeiten. Damals rüttelte sie die angestaubten Tories auf, als sie auf einem Parteitag erklärte, für die Menschen draußen wären die Konservativen eine „Nasty Party“, eine böse Partei, weil sie sich für sozial Schwache, Homosexuelle oder Minderheiten überhaupt nicht interessiere. Die Basis der Tories wäre viel zu schmal, daher komme es auch zu den niedrigen Sympathiewerten.

Bei den Themen Innere Sicherheit und Terrorbekämpfung ist May allerdings eine Hardlinerin. Sogar ihre Polizeibeamten brachte sie mit rigorosen Sparmaßnahmen gegen sich auf.

Die Tochter aus einem anglikanischen Pfarrhaushalt an der englischen Südküste hat in Oxford den Bachelor in Geografie gemacht und danach mehrere Jahre bei der Bank of England gearbeitet. Seit 1980 ist sie mit dem Banker Philip May verheiratet. Das Paar ist ungewollt kinderlos. In einem BBC-Interview sagte May einmal: „Wenn ich all die Familien mit Kindern sehe weiß ich, dass mir etwas fehlt.“