Die Staatsanwaltschaft Salzburg hat aktuellen Medienberichten zufolge Anklage gegen 14 Personen wegen Handels mit zumindest 13,8 Millionen Captagon-Aufputschtabletten zu einem mutmaßlichen Verkaufswert von rund 40 Millionen Euro erhoben. Diese Pillen fallen unter das Suchtmittelgesetz. Die Beschuldigten sollen Mitglieder einer internationalen Tätergruppe sein, die Drogen von Juni 2016 bis März 2021 aus dem Libanon nach Österreich geschmuggelt hat.

Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft bestätigte am Donnerstag gegenüber der APA aktuelle Medienberichte, wonach die 40 Seiten umfassende Anklage beim Landesgericht Salzburg eingebracht wurde. "Die Anklage ist nach unserem Kenntnisstand nicht rechtswirksam", sagte der Sprecher. Ein Prozesstermin steht deshalb noch nicht fest.

Als Chef der Drogenbande gilt ein 60-jähriger Libanese, der untergetaucht ist. Drei Jahre lang haben die Salzburger Kriminalisten in Zusammenarbeit mit Kollegen aus etlichen Ländern den Drogenring beobachtet, überwacht und abgehört. Am 22. März 2021 wurden dann 13 Verdächtige in Österreich und zwei weitere in Deutschland festgenommen. Einige Beschuldigten gaben Geständnisse ab, sodass die Ermittler zumindest drei große Drogenlieferungen nachweisen konnten. Dabei sollen 25 bis 30 Tonnen Captagon-Tabletten ausgeliefert worden sein.

Österreich spielte im Handel eigentlich nur eine Zwischenstation: Das Captagon wurde den Ermittlungen zufolge im Libanon hergestellt und war für Saudi-Arabien bestimmt. Der Umweg über Europa erfolgte nur deshalb, weil Importe aus der EU in Saudi-Arabien offenbar deutlich weniger kontrolliert werden als die Wareneinfuhr aus dem Vorderen Orient. Über eine Scheinfirma wurden die Drogen auf dem Seeweg nach Gent in Belgien geschifft.

Pizzeria als Drehscheibe

Der Schmuggel vom Libanon nach Österreich erfolgte in Rollen mit Plastikfolien, in deren Hohlraum die Drogen versteckt wurden. Pro Rolle steckten bis zu 34.000 Stück Tabletten. Von Belgien wurden die Drogen mittels Speditionen nach Österreich gebracht und in Lager verteilt, wobei eine Pizzeria im Flachgauer Bürmoos eine zentrale Drehscheibe gebildet haben soll.

Die Suchtmittel wurden in Industrie-Pizzaöfen, Waschmaschinen und anderen Elektrogeräten versteckt und so nach Saudi-Arabien verfrachtet. Das Lokal im Flachgau soll ein 28-jähriger Angeklagter betrieben haben. Ein 53-jähriger Angehöriger soll für die Lagerung, Umverpackung und Weitersendung der Drogen verantwortlich gewesen sein. Dabei sollen dem Erstangeklagten weitere Beschuldigte geholfen haben.

Bei den Angeklagten handelt es sich um elf Männer und drei Frauen im Alter zwischen 27 und 53. Sie stammen vorwiegend aus dem arabischen Raum beziehungsweise aus dem Libanon. Viele davon sind miteinander verwandt und wohnten vor ihrer Festnahme in der Stadt Salzburg, im Flachgau oder Pinzgau. Was die Staatsbürgerschaft betrifft, handelt es sich um sechs Österreicher, drei Syrer, einen Libanesen, einen Belgier, einen Deutschen, einen Türken und einen Ungar. Die Mehrheit der Beschuldigten sitzt in Untersuchungshaft.

Captagon war in den 1960er-Jahren als Medikament entwickelt worden, um zur Behandlung von z.B. ADHS eingesetzt zu werden. Es enthält den Wirkstoff Fenetyllin, das als Suchtgift gilt. Die Wirkung ist ähnlich der von Amphetamin und wirkt direkt auf das zentrale Nerven- sowie das Herz-Kreislaufsystem, weil sie die Blut-Hirn-Schranke durchbricht. Diese Droge wird laut Polizei auch öfters in Zusammenhang mit terroristischen Anschlägen gebracht, da der Wirkstoff aufputschend wirkt und den Konsumenten u.a. furchtlos, unempfindlich gegen Schmerz etc. erscheinen lässt. Die Nebenwirkungen können bis zum Tod reichen.