Die Unfälle häufen sich zuletzt: Ein 54-Jähriger ist nach einem Unfall mit einem Gleitschirm im Osttiroler Heinfels verstorben, weil er beim Landeanflug in eine Mauer gekracht war. Zuvor verletzte sich ein 38-Jähriger Gleitschirmpilot schwer, als er nach dem Start wieder gegen den Hang prallte. In Tirol und Kärnten ereignete sich jüngst jeweils ein tödlicher Unfall mit einem Paragleiter. 

"Meist sind diese Unfälle auf menschliches Versagen zurückzuführen", erklärt der Kärntner Gleitschirm-Experte Ewald Kaltenhofer vom Flugsportverband Aeroclub. "Die Leute überschätzen sich oder sie unterschätzen die Verhältnisse. Sie sind nicht ausreichend trainiert, oder haben sich nicht genügend mit der Wetterlage auseinandergesetzt."

Dass es in jüngerer Vergangenheit vergleichsweise häufig zu Unfällen mit Gleitschirmen kommt, führt Kaltenhofer auf mehrere Faktoren zurück. Neben den derzeit guten Bedingungen und dem Prachtwetter hat auch die Pandemie den Gleitschirm-Boom zusätzlich Flügel verliehen.  Zumindest nimmt er das an: "Wir hatten im Vorjahr bei den Lizenzen ein Plus von 30 Prozent." Viele Outdoor-Aktivitäten verzeichneten in Zeiten des Social Distancing regen Zuwachs, das war beim Paragleiten nicht anders. Seit Aufzeichnungsbeginn des Aeroclub im Jahr 1986 wurden etwa 35.000 Flugscheine ausgestellt. Insgesamt betreiben 6000 - 8000 Menschen in Österreich dieses Hobby aktiv. 1300 neue Gleitschirm-Piloten kamen alleine im Vorjahr hinzu. Hinzu kommt, dass österreichische Hotspots auch beliebte Reiseziele für ausländische Piloten sind. Europaweit gibt es rund 110.000 aktive Paragleiter.

"Man kann von einem Boom sprechen", das sagt auch Hans Ebner, Leiter der Alpinpolizei im Innenministerium. Dass die Zahl der Unfälle im Schnitt zugenommen hätte, kann er aber nicht bestätigen. Seit dem Jahr 2017, wo es zumindest 110 Verletzte bei Paragleiter-Unfällen gab, ging diese Zahl zurück. Im Vorjahr waren es 56. Allerdings kam es häufiger zu tödlichen Unfällen. Seit 2018 kamen dadurch drei Personen um, so viele wie im laufenden Jahr. 

Klagen gegen Retter

Auch die Wetter-Situation hat sich in den vergangenen Jahren verändert. Genauer gesagt die Wind-Situation. Unberechenbarer und stärker seien diese in den vergangenen Jahren gewesen, heißt es sowohl aus dem BMI wie auch bei Aeroclub oder Bergrettung. "Die Bedingungen haben sich zumindest an manchen Stellen verschärft", erklärt Andreas Eder von der Tiroler Bergrettung, der auch selbst einen Schirm besitzt. "Wenn die Leute wenig Erfahrung haben und sich überschätzen, kann das schon gefährlich werden." Einsätze zur Rettung oder Bergung verunglückter Gleitschirmpiloten absolviert er regelmäßig. "Die meisten enden auf Bäumen, dort wird der Fall oft so gedämpft, dass die Verletzungen glimpflich ausgehen."

In Tirol ärgern sich die Bergretter im Zusammenhang mit den Paragleitern dieser Tage über etwas ganz Anderes: Es komme immer häufiger vor, dass Gerettete im Nachhinein Schadenersatz verlangen, wenn ihr Schirm bei der Rettung beschädigt wird. "Gerade, wenn sich ein Schirm im Baum verheddert hat, bekommt man den kaum in einem Stück herunter", sagt Eder, dessen Verständnis für solche Forderungen enden wollend ist. Hermann Spiegl, Landesleiter der Tiroler Bergrettung, bestätigt: "Wir erleben vieles, werden bei Einsätzen immer wieder belogen oder beschimpft." Dass nach Einsätzen mit Klagen gedroht werde, sei besonders dreist. In der Ortsstelle Kössen liegt mittlerweile ein Formular auf, dass Gerettete unterzeichnen müssen - damit die Retter später keine Post vom Anwalt bekommen.