Vielleicht sind sie ja die wahren Abenteurerinnen. Um Himmels willen verzichten sie auf einen Ehemann, auf Kinder, auf ein Leben draußen. Um Himmels willen leben sie hinter dicken Mauern und beten siebenmal am Tag. Der ganze Tagesablauf richtet sich nach den Gebetszeiten. Der Tag beginnt um fünf, halb sechs und endet mit der Nachtruhe um halb zehn. Jeden Morgen singen sie Gregorianische Choräle.
Ora et labora, das ist der Leitspruch der Benediktinerinnen. Beten und arbeiten geben den Rhythmus vor. Die Nonnen hier in schlichtem Schwarz, der Farbe der Einfachheit, unterwerfen sich einer Ordensgemeinschaft, geloben Gehorsam. Eine der berühmtesten Benediktinerinnen war Hildegard von Bingen.
14 Nonnen leben unterhalb der Festung
Geht es nach dem Evangelisten Johannes, besteht das wahre Lebensglück in der Verbindung mit Jesus Christus. Schwester Miriam ist eine der 14 Nonnen, die derzeit im Benediktinerinnenstift auf dem Nonnberg leben, unterhalb der Festung Hohensalzburg. Sie war 22, als sie sich für diesen Ort entschied: „Ich war begeistert von der Liturgie.“ Bevor sie fix blieb, hatte sie ein Jahr lang absolut keinen Kontakt zu ihrer Familie, um herauszufinden, „ob das auch wirklich geht“, um sich abzunabeln und neue Wurzeln zu bekommen. Es ging dabei auch um die Frage: „Wie geht es mir mit der Stille?“, erzählt sie uns lächelnd im Garten, in dem eine alte Linde thront und der schwere Duft von Holler liegt. Schwester Miriam ist mittlerweile 57 Jahre alt, sie wirkt weit jünger.
Aufgewachsen ist sie in Fuschl am See mit zwei Brüdern. Die Eltern führten dort eine Frühstückspension. Als Jugendliche habe sie zwischendurch daran gedacht, Entwicklungshelferin zu werden, eventuell Missionarin. Eine Pilgerfahrt auf den Balkan war für sie schließlich richtungsweisend: „Eine Tante hat mich bei einer Wallfahrt nach Medjugorje mitgenommen. Ich fühlte mich von Gott umarmt. Letztlich ist dort meine Entscheidung gefallen, ins Kloster zu gehen“, erklärt Schwester Miriam und strahlt über das ganze Gesicht. Das in Bosnien-Herzegowina liegende Medjugorje ist ein Wallfahrtsort, in dem 1981 sechs Jugendlichen die Gottesmutter Maria erschienen sein soll.
Über Medjugorje kam Schwester Miriam ins Kloster auf dem Nonnberg, das um 712 bis 715 vom heiligen Bischof Rupert gegründet wurde und seitdem ununterbrochen besteht. Die Kirche steht auf romanischen Fundamenten. Die erste Äbtissin Erentrudis von Salzburg setzte sich sehr für Arme und Kranke ein und wurde schon früh als Heilige verehrt. Seit 1624 ist sie auch die Landesmutter von Salzburg. Das Benediktinerinnenstift auf dem Nonnberg ist das älteste Frauenkloster im deutschen Sprachraum. Vermutlich ist es eines der ältesten Frauenkloster weltweit.
Schauplatz von „Sound of Music“
Die Geschichte der Abtei ist im 20. Jahrhundert eng verbunden mit der Geschichte des Georg Baron von Trapp, berühmt geworden durch den Hollywoodfilm „Sound of Music“. In der Klosterkirche heiratete er Maria Auguste, die eigentlich mit dem Gedanken gespielt hatte, in den Orden einzutreten und mit den Benediktinerinnen bis zu ihrem Tod im Jahr 1987 verbunden blieb.
14 Nonnen leben heute hier heroben auf dem Nonnberg, im 19. Jahrhundert lag die Höchstzahl bei mehr als 100. Bis 2005 war man komplett Selbstversorger, mit einem großen Gemüsegarten im Nonntal. Die Bio-Landwirtschaft nahe der Hellbrunner Allee wird mittlerweile von einem Verwalterpaar geführt, der Bio-Hofladen ist verpachtet. Zweimal die Woche wird die Milch geliefert, Käse, Topfen, Joghurt produzieren die Nonnen damit selbst. Wer dem Himmel nah sein will, muss mit beiden Beinen im Leben stehen, ist ein Leitspruch der Frauen vom Nonnberg. Trotz des Lebens in strenger Klausur macht sich die Außenwelt auch innerhalb der Klostermauern bemerkbar. Einige Zimmer sind an Studentinnen vermietet, für Frauen gibt es auch die Möglichkeit zur Miete in einem kleinen Gästehaus ein paar Tage der Stille zu verbringen.
„Wir leben auf ein Du hin. Das ist unser Credo“, sagt Schwester Miriam. Die älteste Schwester ist 97 Jahre alt und wird im Kloster gepflegt, die jüngsten sind Mitte 30. Sie alle versuchen ihr Leben nach den drei großen Themen Benedikts einzurichten: „Wahrhaft Gott suchen, Eifer für Gehorsam, für ein einfaches leben“, sagt Schwester Miriam. Sie gibt zu, dass sie sich manchmal nach den Bergen sehne, die sie vom Nonnberg aus rundherum sehe. Da überkomme sie manchmal schon der Wunsch nach der Weite, nach dem Weitergehen. Zwischendurch geht sie immerhin zum Joggen. Warum? Lächelnd erklärt sie: „Es erinnert mich ans ewige Leben.“