Aktuell kursiert online eine Falschinformation, wonach der Impfstoff von BioNTech/Pfizer von der US-Behörde Food and Drug Administration (FDA) für eine Drittimpfung verboten worden sein soll. Ein "führender Corona-Forscher" habe festgestellt, dass der Impfstoff mehr schadet als er hilft. Diese Falschbehauptung bekam in Österreich durch einen TV-Auftritt von Ex-Politiker Peter Westenthaler Reichweite und wurde oft geteilt.

Doch klar ist: Die FDA hat den Pfizer-Booster nicht verboten, sondern nur für gewisse Risikogruppen empfohlen und freigegeben. Der angebliche Corona-Forscher ist Elektroingenieur und Informatiker, seine Berechnungen fußen größtenteils auf nicht belastbaren Daten.

Zwar lehnte ein FDA-Ausschuss am 17. September 2021 eine generelle Empfehlung eines Boosters des Herstellers BioNTech/Pfizer ab. Allerdings gab es eine derartige Empfehlungsowohl für alle Über-65-Jährigen als auch für jene Über-18-Jährigen, die Risikogruppen angehören oder dem Virus regelmäßig ausgesetzt sein könnten. Von einem Verbot kann daher keine Rede sein. 

"Corona-Forscher" ist Elektroingenieur

Um einen Experten handelt es sich bei einer oft genannten Quelle nicht. Es ist korrekt, dass ein Mann namens Steve Kirsch im Rahmen dieses Meetings eine Präsentation über Nebenwirkungen der Impfung abgehalten hat. Kirsch ist entgegen Westenthalers Angaben jedoch kein "geschätzter Epidemiologe", sondern Elektroingenieur und Informatiker. Dies ist auch auf der Webseite des "Covid-19 Early Treatment Funds" zu lesen, auf den in der TV-Sendung verwiesen wird. Kirsch fiel bereits mehrmals wegen der Verbreitung von Desinformationen auf, welche durch Faktenchecks widerlegt wurden.

In seiner Präsentation argumentiert Kirsch mit einem angeblich 71mal höheren Risiko für Herzinfarkte bei einer Pfizer-Impfung im Vergleich zu anderen Impfungen. Er bezieht sich dabei auf Daten aus dem amerikanischen Vaccine Adverse Event Reporting System (VAERS), wo Symptome und Tode in zeitlichem Zusammenhang zu einer Impfung dokumentiert werden können.

Impfstoff laut Studie sicher

In der restlichen Präsentation bezieht sich Kirsch vor allem auf Einzelfälle, aber auch auf eine Preprint-Studie von Pfizer selbst greift er zurück. Die Sechs-Monate-Studie liefert das Ergebnis, dass der Impfstoff sicher ist und keine Auffälligkeiten bei der Sicherheit festgestellt werden konnten.

Kirsch verweist aber etwa auf den Umstand, dass unter den rund 45.000 Teilnehmern 15 Geimpfte und 14 aus der Placebo-Gruppe gestorben sind. Nachdem die Teilnehmer über ihre Gruppenzugehörigkeit in der Studie aufgeklärt wurden, starben weitere drei Geimpfte und zwei aus der Placebo-Gruppe, die zu dem Zeitpunkt bereits geimpft waren. Kirsch leitet fälschlicherweise unter anderem daraus ab, dass man Menschen mit einer Impfung mehr gefährde als rette, obwohl in der Studie explizit erwähnt wird, dass keiner der Tode mit der Impfung in Verbindung gebracht werden konnte und die Impfung effektiv gegen das Virus sei.

Keine Unterschiede zur Kontrollgruppe 

Bei den vorliegenden Behauptungen leiten manche ein vierfaches Herzstillstand-Risiko für Geimpfte ab, weil bei der Aufteilung der Gesamttode auf einzelne Todesursachen vier Herzstillstände bei Geimpften und nur einer bei der Kontrollgruppe verzeichnet wurden. Dass diese Interpretation allein auf Basis dieser Zahlen nicht getroffen werden kann, zeigt ein Blick auf Herzinfarkte: Hier starben zwei Personen aus der Kontrollgruppe, aber keiner der Geimpften. Deswegen nur anhand dieser Zahlen zu schlussfolgern, dass die Impfung Herzinfarkte verhindert, wäre ebenfalls falsch. In der Studie heißt es, dass die Todesursachen zwischen beiden Gruppen gleich aufgeteilt waren.

Auch die EMA gab in dieser Woche grünes Licht für die Auffrischungsimpfung mit dem Pfizer-Impfstoff. Risiken seltener Nebenwirkungen würden weiterhin beobachtet.