Das Rascheln der Zeitung beim Umblättern, der Herzschlag in den Fingern der Ehefrau beim Händehalten: Schon Kleinigkeiten können Karl Diebers Alltag erschweren. Der 53-Jährige leidet seit Jahren am Fibromyalgie-Syndrom – eine Krankheit, die mit ständigen Schmerzen in den Muskeln und großer Erschöpfung einhergeht. „Jeder Atemzug sticht und jegliche Bewegung der Augen verursacht Schmerzen. Es gibt kaum eine Bewegung, die mir nicht wehtut“, erzählt der Steirer.

Schon als Kind war das Leben des Grazers immer wieder von Schmerz begleitet: „Damals hatten diese natürlich nicht das Ausmaß wie heute, aber ich hatte immer wieder Schmerzen in Brust und Wirbelsäule“, erzählt Dieber. Vom Umfeld wurden diese als Wachstumsprobleme abgetan. So war es damals für den jungen Burschen schon fast normal, täglich von Stechen, Ziehen und Brennen begleitet zu werden – auch wenn seine Zwillingsschwester nie unter derartigen Beschwerden litt.

Neben diesen Leiden bestimmte auch der Sport die jungen Jahre von Karl Dieber. Vor allem als Turmspringer machte er auf sich aufmerksam. Im Alter von 17 Jahren verletzte er sich dabei allerdings schwer an der Schulter. Die flammenden Schulterschmerzen blieben über Jahre, sodass lange nach der Verletzung – 2007 – eine Schulteroperation unumgänglich schien. Diese brachte aber nicht die erhoffte Erlösung: Vom Tag der Operation weg hatte der Steirer starke Schmerzen in so gut wie allen Körperregionen.

Langer Weg zur Diagnose

Es folgten unzählige Arztbesuche mit kaum Ergebnissen, bis Karl Dieber 2009 bei einem Reha-Aufenthalt von einer Neurologin die Diagnose Fibromyalgie-Syndrom gestellt wurde: „Zu wissen, was es ist, war erst einmal eine Erleichterung.“ Eine heilsame Behandlung konnte für Karl Dieber bisher nicht gefunden werden. Ein wenig Hilfe bringt Bewegung, die er so weit wie möglich in jeden einzelnen Tag integriert. „Am mühsamsten ist die ständige Erschöpfung“, sagt Dieber.


Niederdrücken lässt sich der Steirer aber von seinem Schicksal keineswegs: „Ich habe immer Hoffnung gehabt. Die meiste Kraft hat mir stets mein Glaube gegeben.“ Der 53-Jährige hat es sich zur Aufgabe gemacht, nicht nur sich selbst, sondern auch anderen zu helfen: „Ich bin trotz allem ein sehr glücklicher, demütiger und dankbarer Mensch. Die Krankheit kann einen auch dahin gehend formen.“

Empathie als Folgeerscheinung

Seine Berufung hat Karl Dieber in der Seelsorge gefunden. Hier hilft er seit 20 Jahren anderen Menschen. Außerdem hat der heute 53-Jährige eine Selbsthilfegruppefür an Fibromyalgie erkrankte Menschen gegründet: „Wenn man es zulässt, kann man an diesen Schmerzen zerbrechen. Aber man kann die Sache auch anders angehen. Wenn man den Schmerz verwendet, um empathischer zu werden und andere in ihren Leiden besser verstehen zu können, dann ist das eine perfekte Schule.“