An einem Tisch mit zwei Königinnen, im exklusiven Hotel Corinthia nahe der Themse. Die (in New York geborene) Irin Saoirse Ronan, 24, verkörpert in Josie Rourkes Historiendrama „Maria Stuart, Königin von Schottland“ die Titelrolle, die Australierin Margot Robbie, 28, ist als Elisabeth von England ihre große Gegenspielerin. Beide Damen sind auch Kino-Königinnen, denn Robbie war für ihre Rolle als eiskalte Eisläuferin in „I, Tonya“ zuletzt für den Oscar nominiert, die vier Jahre jüngere Saoirse darf in ihrem Alter sogar schon auf drei Oscar-Nominierungen zurückblicken.

Wie war Ihnen, als Sie erfuhren, dass Sie diese hochinteressanten Rollen spielen sollten?
SAOIRSE RONAN: Ich begann mit der Schauspielerei ja schon sehr früh, da war ich gerade acht, neun Jahre alt. Und zwar im irischen TV-Ärztedrama „The Clinic“. Mit 14 war ich für „Abbitte“ für meinen ersten Oscar nominiert. Also alles paletti? Mitnichten. Von vielen Seiten wurde ich gewarnt: „Jetzt musst du gut aufpassen, denn für Teenager gibt es keine großartigen Rollen. Sie werden dir höchstens anbieten, die Schwester, beste Freundin oder Nachbarin von jemandem zu spielen.“ Das stellte sich als bittere Realität heraus. Als da plötzlich das Angebot von Josie Rourke kam, unter ihrer Regie Maria Stuart zu verkörpern, machte mein Herz einen Luftsprung.
MARGOT ROBBIE: Ich war unglaublich nervös und auch schockiert, weil ich mir einredete, ich sei dieser Aufgabe nicht würdig. Ich zögerte also. Bis mir Regisseurin Josie Rourke einen „Liebesbrief“ schrieb. Es tue ihr leid, erklärte sie, aber ich müsse Ja sagen, sie wolle keine andere. Also trafen wir einander und Josie erklärte mir vieles, speziell die Frau in dieser Figur und ihre Verletzlichkeit. Danach hatte ich keine Zweifel mehr.


Was mussten Sie für diesen Film noch lernen?
RONAN: Reiten und Französisch.
ROBBIE: Die feine englische Aussprache.

Was halten Sie von Ihrem jeweiligen Filmcharakter?
RONAN: Ich empfand Maria Stuart als sehr emotional und sie verfügte über ein hohes Potenzial, anderen Fehler zu verzeihen. Eine große Hilfe war dann Choreograph Wayne McGregor. Ich hatte noch nie in diesem Ausmaß an meiner Körpersprache gearbeitet. So, wie man einen Tanz erlernt, ermutigte er mich, meinen Gedanken zu folgen. So lange, bis ich Maria Stuart „gefunden“ hatte. Ihr großer Nachteil war meiner Meinung nach, dass sie zu gutgläubig war.
ROBBIE: Das Verhältnis zwischen den beiden Monarchinnen war Fehde und verwandtschaftliche Lovestory gleichzeitig. Aus heutiger Sicht hätten sich die beiden auch hinsetzen und bei einer Tasse Tee eine Lösung der Probleme finden können. Sie haben einander ja sehr respektiert.

Margot Robbie und Saoirse Ronan
Margot Robbie und Saoirse Ronan © Charles Sykes/Invision/AP (Charles Sykes)


Wie weit müssen Frauen als Königinnen auch „Männer“ sein? Und gibt es im Konflikt zwischen Maria Stuart und Elisabeth Parallelen zum Heute?
RONAN: Einerseits war Maria großartig und überzeugend, in der Öffentlichkeit ebenso wie bei Diskussionen mit ihren Beratern. Sie stammte aus einer Familie von sehr stolzen und leidenschaftlichen Franzosen und Schotten, Hartnäckigkeit lag ihr wohl im Blut. Geschadet haben ihr ihre Zweifel und Gutgläubigkeit. Und ich hatte den Ehrgeiz, das auch deutlich zu machen, sie nicht nur als starke Galionsfigur zu spielen. Ja, und weil Sie nach aktuellen Bezügen fragen: Die gibt es, sogar sehr deutlich. Denken Sie an die Fake News, die heute übers Internet verbreitet werden.
ROBBIE: Genau. Elisabeth ist ja auf gefälschte Briefe von William Cecil, einem Todfeind von Maria Stuart, reingefallen. Der hatte nur eines im Sinn: sie zu vernichten, um jeden Preis. So erfand er in den gefälschten Briefen auch ein Mordkomplott, was letztendlich dazu führte, dass Elisabeth dem Todesurteil zustimmte. Zur Frage, ob Herrscherinnen auch „Männer“ sein müssen: Der ganze Wahnsinn zwischen den beiden Königinnen entstand ja durch männliche Intrigen. Am Ende erleben wir Elisabeth als fast statueske Figur. Wenn männliche Herrscher ähnlich handeln wie Maria und Elisabeth, gelten sie als selbstsicher, selbstbewusst. Eine Frau hingegen wird in derselben Situation in der landläufigen Meinung schnell zum Miststück, zur Schlampe. Ist es nicht so?

Maria und Elisabeth haben ja nur eine einzige Szene miteinander. Die ist aber hochdramatisch. Stimmt es, dass Sie vorher vermieden haben, einander zu treffen?
RONAN: Ja, so war es. Ich hätte Margot ja gerne dies oder jenes gefragt, doch Regisseurin Josie Rourke hatte recht. Nur so war der ganze Spannungszustand aufrechtzuerhalten, den wir für diese Szenen brauchten. Und ich glaube, sie sind wirklich etwas ganz Besonderes geworden.
ROBBIE: Die Regisseurin hat gesagt, dass sie für diese langen Sequenzen ein Vorbild hatte, nämlich die spannende Begegnung von Al Pacino und Robert De Niro im Film „Heat“. Das mit dem Nicht-nahe-Kommen vorher wurde Saoirse und mir insofern erleichtert, als es für sie der erste und für mich der letzte Drehtag war.