Der wegen Missbrauchsvorwürfen von der Kirche verstoßene Ex-US-Kardinal Theodore McCarrick hat offenbar hunderttausende Dollar an mehr als 100 einflussreiche Kirchenvertreter verteilt. Von 2001 an habe McCarrick mehr als 600.000 Dollar an zwei Päpste, Vatikanvertreter und weitere Geistliche gezahlt, schreibt die "Washington Post". Die Empfänger hätten die Vorwürfe gegen McCarrick prüfen sollten.

Der heute 89-Jährige war im Februar von Papst Franziskus aus dem Priesteramt ausgeschlossen worden. Zuvor hatte ein Vatikangericht McCarrick für schuldig befunden, vor 50 Jahren einen Jugendlichen sexuell missbraucht zu haben. Bekannt ist auch, dass der frühere Erzbischof von Washington Sex mit erwachsenen Theologiestudenten hatte.

"Übliche Geschenke"

Laut "Washington Post" stammten die von McCarrick verteilten 600.000 Dollar aus einem Spezialfonds des Erzbistums Washington. Dieser ermöglichte es ihm, Gelder wohlhabender Spender weitgehend ohne Kontrolle weiterzuverteilen. So gingen dem Bericht zufolge zwischen 2001 und 2005 an den damaligen Papst Johannes Paul II. 90.000 Dollar. Insgesamt 291.000 Dollar flossen an dessen Nachfolger Benedikt XVI. Auf Zahlungen an Papst Franziskus stieß die "Washington Post" nicht.

Geistliche im Vatikan erklärten gegenüber der Zeitung, es habe sich beispielsweise um zur Weihnachtszeit übliche Geschenke gehandelt. Die Gelder seien für wohltätige oder andere angemessene Zwecke verwendet worden. Der Vatikan selbst wollte den Bericht nicht kommentieren.

Der Fall in der von Missbrauchsskandalen erschütterten katholischen Kirche hatte international für Schlagzeilen gesorgt. Papst Franziskus wird vorgeworfen, Vorwürfe gegen McCarrick jahrelang ignoriert zu haben.