Pro: Während der touristischen Rushhour ist der Salzburger Dom nicht mehr als Kirche erlebbar. Feuchtigkeitseintrag führte zu Schäden am Bauwerk und an den Orgeln. Freiwillige Beiträge reichen zur Instandhaltung nicht mehr aus.

von Hermann Signitzer


Am Anfang war das „zu viel“. Die touristische Entwicklung der Stadt Salzburg und ihrer Umlandgemeinden gewann seit den 2010er-Jahren an Fahrt. Die Kurve stieg progressiv. In Debatten über den Tourismus fiel immer öfter das Wort Overtourism. Das spürten wir auch. Der Dom war in der touristischen Rushhour nicht mehr als Kirche erlebbar. Die 3-G von damals: Geknipse, Gedränge und Geschreie. Zu diesem wahrnehmbaren Zustand gesellten sich weitere Probleme dazu: Feuchtigkeitseintrag durch Besuchermassen und damit verbundene Schäden an Bauwerk und Einrichtungen – besonders an den Orgeln. Und: Der freiwillige Beitrag der BesucherInnen des Doms reichte nicht mehr aus, um die Instandhaltungs- und Personalkosten zu stemmen. Es brauchte eine Lösung.

2018 begann die Diskussion um eine vorausschauende und zukunftsfähige Lösung für den Dom zu Salzburg. Wir arbeiteten ein Pastoral- und Wirtschaftskonzept aus. Bald war klar, der Dom ist und bleibt für die kirchlichen Verantwortungsträger in allererster Perspektive eine Kirche. Ein Gotteshaus. Ein Ort des Gebetes. Der nun diskutierte Erhaltungsbeitrag ist eine Maßnahme eines ganzen Paketes.

Wenn nun Gäste den Dom besuchen, möchten wir unsere Aufgabe als Kirche besser wahrnehmen als bisher. Wir werden einen starken Eindruck aufbereiten, wir werden über den Dom und von seinem theologischen Programm erzählen und wir möchten, dass der Dom als wunderbarer barocker Festsaal des Glaubens erlebbar wird. Stück für Stück entwickeln wir pastorale Maßnahmen, die den Gästen den Dom und seine Aussagen über den Glauben näherbringen. Beginnen tun wir das mit täglichen Führungen, mit fast täglichen musikalischen Mittagsandachten, in denen die einzigartige Orgellandschaft mit sieben Orgeln erklingt, mit buchbaren Spezialführungen, mit Audioguides, mit einer App, und natürlich mit dem attraktiven Gottesdienstprogramm, das auch als Streaming-Angebot wahrgenommen werden kann.

Wir betrachten den Erhaltungsbeitrag als eine Steuerungsmaßnahme. Wir setzen auf Qualität und Inhalt. Vermutlich wird der Erhaltungsbeitrag manche Menschen davon abhalten, den Dom zu Salzburg zu besuchen. Dafür werden andere Gäste ein Besuchserlebnis haben, das sie – und das ist unsere Absicht – bereichert oder begeistert. Weil sie den Dom in seiner Pracht und primär gedachten Nutzungsform erleben, wie es die Inschrift über dem Mittelportal ausdrückt: „Dies ist das Haus Gottes, in dem sein Name angerufen wird.“

Contra: Offene Kirchen sind ein Zeichen der Lebendigkeit und einer einladenden Gemeinde. Viele Touristen besuchen sie als Zeugen unserer Geschichte. Für ihre Erhaltung sollte es daher freundlichere Wege als Eintrittsgelder geben.

von Heinrich Schnuderl


Ich verstehe die Motive, in Kirchen Eintrittsgeld zu verlangen, wenn der Strom der Touristen immer größer wird. Die hohen Kosten für Renovierungen, für die Erhaltung und ständig nötige Pflege können nicht den Pfarrangehörigen allein aufgelastet werden.

Trotzdem möchte ich für den Grazer Dom eine solche Finanzierungsvariante ausschließen. Denn auch dafür gibt es gute Gründe.

Kirchen sind Zeichen des Glaubens, die – wenn sie für den Gottesdienst und das persönliche Gebet offen stehen – von der Lebendigkeit der Kirche, die von Menschen gebildet wird, zeugen. Sie vermitteln etwas vom Selbstverständnis der Gemeinden, die sich in ihnen versammeln. In der „Schubertmesse“ singen wir zwar: „Allerorten ist dein Tempel, wo ein Herz sich fromm dir weiht“, es gibt dafür aber auch besondere Orte, Zeiten und Zeichen. Als Orte der Stille laden Kirchen zur Begegnung mit Gott ein und sind inmitten der Städte und Märkte Gegenpole zur Hektik des Alltags. Die Offenheit der Kirchen ist ein Symbol für die Botschaft einer einladenden Kirche.

Die Gotteshäuser zählen in den meisten Fällen zu den Sehenswürdigkeiten unseres Landes, die von Touristen gerne aufgesucht werden. Unsere Gäste können durch den Besuch unserer Kirchen etwas vom Besonderen unserer Orte und Städte kennenlernen. Unsere Kirchen bergen Kunstschätze, sind aber keine Museen. Sie sind Zeugen der Geschichte: Oft sind Kirchen aus Repräsentationsgründen errichtet und ausgestattet worden – der Grazer Dom war zum Beispiel Hofkirche des Kaisers Friedrich III. –, seine Besichtigung gehört zu den Höhepunkten einer Führung zur „Grazer Stadtkrone“.

Darum werden Kirchen auch im öffentlichen Interesse erhalten und gepflegt. Das erfahren wir derzeit bei der Renovierung des Grazer Doms: die Diözese, der Bund, das Land, die Stadt, Unternehmen der Wirtschaft und viele private Spender ermöglichen die Renovierung, wofür wir sehr dankbar sind. Da die Kirchen keine Wirtschaftsunternehmen sind, können für Baumaßnahmen und Restaurierungen in und an Kirchen aber leider keine Vorsteuern zurückgeholt werden.

Man nimmt es als selbstverständlich, dass die Wege, Böden und Bänke gereinigt sind, der Raum beleuchtet und im Winter der Schnee geräumt ist.