Es ist geschafft. Nach 1200 Stufen sind wir auf dem Plateau des 200 Meter hohen Löwenfelsen in Sigiriya angekommen. Der Aufstieg war mühsam und schweißtreibend. Stufe für Stufe tasteten wir uns als Teil einer langen Menschenschlange nach oben. Als wir dort oben den wunderbaren Ausblick auf die bewaldete Landschaft genießen, tritt der harte Aufstieg in den Hintergrund.

Unser Führer erzählt uns vom selbst ernannten König Kassapa, der im 5. Jahrhundert die Felsenfestung errichten ließ und dort 18 Jahre lang residierte. Reste des Palastes sind noch zu sehen. Erhalten ist hingegen ein Swimmingpool, der sogar mit Wasser gefüllt ist. Später, beim Abstieg, ist wieder höchste Konzentration und Trittsicherheit gefragt. Zwischen Straßenhändlern, die hölzerne Bücher mit Geheimfächern an die Touristen bringen wollen, und putzigen Äffchen, die in den Gartenanlagen am Fuße des Monolithen leben, geht es zurück zum Bus. Dort nimmt uns Akthar Mohammed, unser Reiseführer, in Empfang. "Und, hat es dir gefallen?", fragt er mich "Ja!", sage ich stolz. Im Vorfeld hatte ich großen Respekt vor dem Aufstieg.

Fünf Tage lang sind wir mit einem Reisebus in Sri Lanka unterwegs. Schon bald bin ich froh, nicht als Individualtouristin unterwegs zu sein. Der Straßenverkehr ist nichts für schwache Nerven. Der Mutige kommt schneller voran, scheint die Devise zu sein. Das gilt wohl auch für die Tuk-Tuk-Fahrer, die ihre motorisierten Dreiräder durch die engsten Lücken steuern. Fußgänger und die vielen Straßenhunde leben gefährlich. Zwischendurch sieht man am Straßenrand auch kleine Feuerstellen. Hier verbrennen Einheimische ihren Müll. In puncto Umweltschutz gibt es noch Nachholbedarf. Während der Fahrt erzählt uns Akthar viel Wissenswertes über die ehemalige britische Kolonie im Indischen Ozean. "Die Menschen auf dem Land führen ein einfaches Leben. Sie sind mit dem, was sie haben, zufrieden", sagt Akthar und stimmt uns auf unseren Besuch im Pelwehera-Dorf nahe Dambulla ein. In einer Hütte bereiten die Cousinen Nandeni und Malika auf einem Lehmofen Schmankerl der heimischen Küche zu. Zwischen Anchovis, getrocknetem Karpfen und Linsen-Dhal findet sich ein köstliches Mango-Curry. Reis mit Curry ist Sri Lankas Nationalgericht und existiert in vielen Varianten. Die Zutaten für diese Gewürzmischung werden auf der Insel angebaut.

Ceylon-Zimt und Muskatnuss

In einem Gewürzgarten lernen wir sie alle kennen, und noch einige mehr. Wohlgeruch verströmt etwa die Rinde des Zimtbaums, von dem wir ein Stückchen in die Hand bekommen. "Das ist Ceylon-Zimt, der echte Zimt", sagt Rohan Ratnayake, der uns durch sein Reich führt. Ceylon-Zimt ist im Geschmack feiner als der Cassia-Zimt, der in unseren Breiten in erster Linie erhältlich ist. An einem Baum rankt eine Kletterpflanze. "Das ist Pfeffer", sagt Ratnayake. Die Färbung gibt den Reifegrad an. Unreife Körner sind grün, reife rot. "Wissen Sie, was das ist?", fragt unser Guide und deutet auf einen Baum mit runden, grünen Früchten. "Muskatnuss", sage ich mehr ratend als wissend. "Richtig!" Ratnayake nimmt eine Frucht vom Baum und zerteilt sie. Umhüllt von einem roten Netz befindet sich in der Mitte die Nuss.

Im Minneriya Nationalpark leben auf knapp 9000 Hektar rund 300 wilde Elefanten. Bei einer Jeep-Safari sehen wir einige der grauen Riesen aus nächster Nähe. Genüsslich fressen sie das saftige Gras. Sie strahlen Ruhe und Gelassenheit aus. Wer sich im Kulturdreieck befindet, muss sich auch der Kultur widmen. Zwischen Anuradhapura, Polonnaruwa und Kandy befinden sich gleich fünf UNESCO-Welterbestätten. Nach Sigiyria besuchen wir Polonnaruwa, seit 1982 Weltkulturerbe. "Polonnaruwa war die zweite Hauptstadt des Reiches", sagt Akthar. Im weitläufigen Gelände, das von Affen bevölkert wird, sehen wir Überreste von Dagobas (das sind buddhistische Bauwerke) und Tempeln sowie Buddhafiguren. Besonders beeindruckend ist Gal Vihara, ein Felsenheiligtum mit vier überdimensionalen Buddhafiguren. Nicht minder beeindruckend ist der Höhlentempel in Dambulla mit seinen vier Grotten. Seit 1991 gehören sie zum Weltkulturerbe. In Grotte zwei, die mit Wandmalereien geschmückt ist, sieht man nicht weniger als 70 Buddha-Statuen und eine Stupa. Da wie dort gilt: Bevor man einen Tempel betritt, muss man die Schuhe ausziehen. So auch im Zahntempel in Kandy. In Sri Lankas letzter Königsstadt wird eine besondere Reliquie verehrt: ein Eckzahn Buddhas. Der Tempel ist eine der wichtigsten Pilgerstätten der Buddhisten. Heute ist Kandy die zweitgrößte Stadt der Insel. Sie wurde 1815 von den Briten erobert und besticht heute noch mit ihrem Zentrum, das vom Kolonialstil geprägt ist.

Tanzende Bäume

Bevor wir von Peradeniya aus mit dem Zug ins Hochland nach Nuwara Eliya fahren, besuchen wir den dortigen botanischen Garten. Mit seinen 62 Hektar ist er der zweitgrößte Asiens. Rund 4000 Pflanzenarten gibt es im weitläufigen Gelände zu bestaunen. Eine Allee wird von Bäumen gesäumt, die sich zu verbiegen scheinen. "Die Araukarien wurden vom Monsun-Wind geformt", weiß Akthar zu berichten. Gut eine Stunde ruckelt der alte, blitzblaue Zug durch die Ebene. Dann weichen die Äcker den Berglandschaften. Die schwüle, tropische Luft macht einer kühlen Brise Platz. In den Wäldern sieht man immer wieder Flammenbäume mit ihren roten Blüten herausblitzen und so manchen Wasserfall. Ab Hatton wird das Landschaftsbild von Teeplantagen geprägt. "90 Prozent des Ceylon-Tees gehen in den Export", sagt Akthar. Nach rund vier Stunden sind wir in Nuwara Eliya. Die Stadt hat den Beinamen Little England. Das nicht nur wegen der kühlen Temperaturen: Es gibt eine Pferderennbahn, einen Golfplatz und einen Park, der Königin Victoria gewidmet ist.

Die Ebene hat uns schließlich wieder. Am Palmenstrand in Kalutara geht die Reise durch das "leuchtende Land", wie Sri Lanka auch genannt wird, zu Ende. Ein traumhafter Sonnenuntergang macht diesem Beinamen noch einmal alle Ehre.

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