Angelina Jolie hat sich zwei Jahre nach Entfernung ihrer Brüste auch die Eierstöcke entfernen lassen. Sofort wird ihr wieder übertriebene Angst vorgeworfen – wie ist ihre Entscheidung aus medizinischer Sicht zu beurteilen?
GUNDA PRISTAUZ: Gerade beim Eierstock-Krebs haben wir kaum Möglichkeiten, ihn frühzeitig zu erkennen. Es gibt kein Screening, keine Maßnahme zur Früherkennung – Tumormarker und Ultraschall sind nicht verlässlich. 75 Prozent der Eierstock-Tumore entdecken wir erst im fortgeschrittenen Stadium und dann sind die Überlebenschancen schlecht. Im Stadium III, in dem Eierstockkrebs meist entdeckt wird, liegen die Fünf-Jahres-Überlebensraten bei 17 bis 39 Prozent. Die Entfernung der Eierstöcke ist damit die wichtigste Operation für solche Mutations-Trägerinnen.
Das Gen, um das es geht heißt BRCA: Wie hoch ist dadurch das Risiko, an Eierstockkrebs zu erkranken?
PRISTAUZ: Das Lebenszeitrisiko liegt bei 40 bis 60 Prozent und steigt mit dem Alter. Frauen unter 50 Jahren, die Genträgerinnen sind, haben ein Risiko von circa 15 Prozent, in diesem Alter an Eierstockkrebs zu erkranken.
Angelina Jolie ist 39 – war es der richtige Zeitpunkt, sich zu dieser Operation zu entschließen?
PRISTAUZ: Prinzipiell lautet die Empfehlung, dass man sich fünf bis zehn Jahre vor dem Alter, in dem ein Familienmitglied an Krebs erkrankt ist, operieren lassen sollte. Denn das Erkrankungsrisiko verjüngt sich, Töchter erkranken meist früher als ihre Mütter.
Jolies Mutter ist mit 49 Jahren an Eierstock-Krebs erkrankt.
PRISTAUZ: Dann hat Jolie alles richtig gemacht. Wir operieren Frauen nicht vor dem 35. Lebensjahr, denn durch die Entfernung der Eierstöcke verändert sich der Hormonhaushalt völlig, Frauen kommen in den Wechsel. Meistens wählt man einen Zeitpunkt zwischen dem 40. und 45. Lebensjahr.
Jolie schreibt, dass sie eine Hormonersatztherapie bekommt: Wie geht es Frauen damit?
PRISTAUZ: Eine kurzfristige Hormontherapie, für maximal sieben Jahre, kann ohne Bedenken eingesetzt werden. Damit kann man den Wechsel bis ungefähr zu dem Alter hinauszögern, in dem die Wechseljahre ohnehin eingesetzt hätten. Unter der Therapie haben Frauen auch keine Wechsel-Beschwerden.
Sonja Saurugger