Der Kontrast, er ist auf vielen Ebenen größer, als Worte zu fassen vermögen. „Die Aufseherin“ hat nichts von der Freiheit eines unbeschwerten Sommers, nichts von der wiederholten Leichtigkeit, die dem Mainstream-TV-Programm besonders in dieser Jahreszeit zu eigen ist. Diese preisgekrönte Doku, die heute erstmals im Fernsehen zu sehen, ist eine Herausforderung.

Ein einziges Foto ist von Johanna Langefeld überliefert. Unscharf am Bildrand, kaum zu erkennen. Dabei war die Antisemitin und überzeugte Nationalsozialistin als Oberaufseherin der Frauenkonzentrationslager Ravensbrück und Auschwitz ein ranghoher Bestandteil der Vernichtungsmaschine der Nazis. Ein vermaledeiter „Inbegriff des Bösen“ möchte man schreiben. Und doch würden es viele ihrer Gefangenen nicht unterschreiben: Langefeld sei eine der wenigen gewesen, die in dieser menschlichen Hölle für ein wenig Humanität gesorgt hätten, sagen KZ-Überlebende in der Doku. Der Zwiespalt ist schwer verdaulich: Sie rettete Menschen, andere schickte sie ins Gas. Nach dem Krieg flüchtete sie mithilfe ihrer früheren Gefangenen aus dem Gefängnis.

Eine irritierendere und zugleich wertigere Geschichte werden Sie heute im Fernsehen kaum finden.