ORF-Zentralbetriebsratsvorsitzender Gerhard Moser kritisiert den Zugriff der ÖVP-FPÖ-Regierung auf den öffentlich-rechtlichen ORF. "Es hat eine brutale Neuorganisation im Unternehmen gegeben, und es gibt sie nach wie vor", warnte Moser am Mittwoch. Viele ORF-Mitarbeiter seien deshalb verunsichert und entsetzt.

"Führungspositionen wurden nach den Wünschen der türkis-schwarz-blauen Regierung neu vergeben, oft ohne Bedarf und entsprechende Auswahlverfahren", berichtete Moser. Dem freiheitlichen ORF-Stiftungsratsvorsitzenden Norbert Steger wirft der Belegschaftsvertreter die Verletzung seiner gesetzlichen Verpflichtungen vor. Steger handle immer wieder gegen die Interessen des ORF. "So geht es nicht", meinte Moser.

Reaktionen und Gegenreaktionen

Er reagierte damit auf jüngste Aussagen Stegers. Der FPÖ-Stiftungsrat hatte öffentlich Zensuren an die aktuelle Geschäftsführung verteilt, diese als "schwach" bezeichnet, eine neue Führungsstruktur ab 2019 sowie eine Senkung der ORF-Gebühren gefordert und Teile der ORF-Berichterstattung als linkslastig kritisiert.

Der Vorsitzendes des ORF-Stiftungsrats und ehemalige Vizekanzler konterkariere damit seinen tatsächlichen Auftrag und trage dazu bei, seine Gesinnungsfreunde zu ermutigen, ins operative Geschäft des ORF einzugreifen, so Moser. "Ich denke mir, er sollte seinen Platz räumen." Die ORF-Mitarbeiter ließen sich angesichts der laufenden Personalsparpakete und der Drohungen von Geschäftsführung, Stiftungsrat und Regierung jedenfalls nicht vom öffentlich-rechtlichen Kurs abhalten.

FPÖ kontert

FPÖ-Mediensprecher Hans-Jörg Jenewein weist die Kritik von ORF-Zentralbetriebsratschef Gerhard Moser zurück. Moser hatte von türkis-blauem Zugriff auf den ORF gesprochen und dem freiheitlichen ORF-Stiftungsratvorsitzenden Norbert Steger eine Verletzung seiner Pflichten vorgeworfen. "Ich finde diese Vorwürfe einigermaßen absurd", sagte Jenewein.

Die einzige Strukturänderung, die bisher im ORF stattgefunden hat, sei lange vor der Bildung der ÖVP-FPÖ-Regierung entwickelt worden. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz habe die neue Channel Manager-Struktur bereits vor Jahren ins Spiel gebracht und angekündigt. "Das jetzt der türkis-blauen Regierung in die Schuhe zu schieben, ist falsch", erklärte Jenewein.

Im übrigen habe es bei allen Postenbesetzungen Ausschreibungen gegeben. "Niemand von außen wurde mit Posten betreut, die Leute kommen alle aus dem Unternehmen." Jenewein hält es für "fatal", wenn jemand aus dem Betriebsrat dann solche Behauptungen über die eigenen Leute aufstellt. "Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass der Betriebsrat nicht im Stiftungsrat verloren hat, hat Moser ihn heute erbracht."