Salzburgs 3:2-Sieg im brisanten "Stallduell" bei RB Leipzig ist nur drei Wochen nach dem Selbstfaller gegen Belgrad Balsam auf die Champions-League-Wunden. Ein gutes halbes Jahr nach dem sensationellen 2:1 in Dortmund stellte man erneut einen deutschen Topclub auswärts kalt, selbst Trainer Marco Rose wollte seine Freude nicht verhehlen: "Eine sehr coole Geschichte, ein spezieller Sieg für uns."

In der Bundesliga makellos, nun der prestigereiche Auftakterfolg in der Fußball-Europa-League - blendet man die verpatzte CL-Quali aus, kann Salzburg höchst zufrieden sein. "Die Jungs dürfen das genießen, weil es ein besonderer Sieg für uns ist", erklärte Rose nach dem als "Stallduell" oder auch "El Dosico" titulierten Match. Dass der Deutsche just in seiner Heimatstadt und gegen den als Favoriten geltenden "großen Bruder" reüssierte, tat wohl zusätzlich gut.

Tolle erste Hälfte

Zu verdanken war das vor allem einer höchst engagierten Vorstellung in der ersten Hälfte. "Wir haben hoch gepresst und Fehler erzwungen", erklärte Rose, der auf seine stärkste Elf setzte. "Wir wollten intensiver spielen als sie, und das haben die Jungs gut umgesetzt." So gut, dass nach Toren von Munas Dabbur (20.) und Amadou Haidara (22.) innerhalb dreier Minuten Leipzig regelrecht bloßgestellt war. "Wir waren das Stück aufmerksamer, das Quäntchen handlungsschneller", zeigte sich Rose zufrieden. "Es war klar, dass der gewinnen wird, der aggressiver ist. Wir haben gerade in der ersten Hälfte sehr gut gegen den Ball gearbeitet, sehr gut umgeschaltet", erklärte auch Offensivmann Hannes Wolf.

Leipzig-Coach Ralf Rangnick sprach bei seiner Mannschaft mit fünf Ex-Salzburgern in der Startelf von einem "Totalausfall auf zu vielen Positionen" vor der Pause. Auch er musste aber den Gegner loben. "Da kann man eigentlich nur den Hut ziehen. Man kann gar nicht glauben, dass sie nicht in der Champions League spielen und gegen Roter Stern ausgeschieden sind", befand der Trainer, der zugleich als Sportdirektor fungiert.

Dass Salzburgs ehemaliger Mastermind der zahlreichen Spielerwechsel Richtung Leipzig wegen bei den Fans seines Ex-Clubs nicht gut angeschrieben ist, war am Donnerstag deutlich zu hören. Schmährufe gegen den 60-Jährigen hallten da durch die Arena. Vonseiten der Leipzig-Fans wurde das mit "Ihr seid unser Ausbildungsverein"-Rufen noch angeheizt. Die ironische Replik: "Ohne Salzburg wär' hier gar nichts los."

Aus der Lektion gelernt

Aufseiten Leipzigs war erst nach der "Wechselorgie" zur Pause etwas mehr los. Und als Salzburgs ansonsten starker Außenverteidiger Andreas Ulmer mit einem Schnitzer seinen ehemaligen Teamkollegen Konrad Laimer zum Anschlusstreffer einlud (70.), schöpfte Leipzig nochmals neue Hoffnung und kam durch Yussuf Poulsen (82.) noch zum 2:2. "Das müssen wir auf jeden Fall vermeiden. Das ist auch gegen Roter Stern passiert", meinte Innenverteidiger Andre Ramalho über die aus der Hand gegebene Führung. "Wir müssen die Führung nützen, die Ruhe bewahren und clever spielen", merkte der Brasilianer an, bescheinigte seinem Team generell aber ein "überragendes Spiel". Für Rose zeigte die Schlussphase freilich auch, dass man eine Lektion gelernt habe. "Wir haben uns vorgenommen, eine andere Körpersprache zu zeigen, wenn Rückschläge kommen."

Und so war "Joker" Fredrik Gulbrandsen im Finish (89.) noch der Siegtreffer vergönnt. "Ein besseres Comeback nach einer Verletzung kannst du nicht haben. Das freut mich sehr für Fredi", meinte Wolf über den 26-jährigen Norweger. Dieser hatte am vergangenen Wochenende beim 3:1 in St. Pölten sein Comeback nach über eineinhalbmonatiger Verletzungspause gegeben - und auch da seinen Kurzeinsatz mit einem Treffer gekrönt. "Es waren sieben harte Wochen für mich. Gut, so zurückzukommen", sagte Gulbrandsen.

Der Auftakt in die EL war also - zum ersten Mal seit 2013 - wieder von einem Sieg gekrönt. Es schaut gut aus, dass man in Gruppe B, in der Celtic Glasgow sein Spiel gegen Rosenborg Trondheim mit 1:0 gewann, zum sechsten Mal den Aufstieg ins Sechzehntelfinale schafft. "Heute sind wir glücklich, aber es ist nicht viel passiert. Wenn wir jetzt keine Punkte mehr holen, wird es schwer", meinte Rose mit einem Augenzwinkern. Er weiß, dass kaum Zeit zum Durchschnaufen bleibt. "Am Sonntag wirst du schon wieder abgefragt und musst wieder deine Leistung abrufen. Nicht mit 80, sondern mit 100 Prozent gegen Rapid Wien."