Am heutigen Donnerstag bekam Wien einen neuen Bürgermeister. Michael Ludwig wurde im Gemeinderat offiziell zum Stadtoberhaupt gewählt. Einer von 100 Gemeinderäten enthielt sich der Stimme, Ludwig bekam 56 Ja- und 43 Nein-Stimmen. Je nachdem, ob die Enthaltung von Ludwig selbst stammt oder von jemand anderem, stimmten also vermutlich zwei bis drei Abgeordnete, die nicht aus den Reihen von SPÖ oder Grünen stammen, für Ludwig.

Michael Ludwig zum Wiener Bürgermeister gewählt

Ludwig nahm die Wahl an. Er übernimmt das Amt von Langzeit-Bürgermeister Michael Häupl, der fast 24 Jahre lang den Chefsessel im Rathaus innehatte. Auch die Wahl der vier neuen Stadträte, die Ludwig ins SPÖ-Regierungsteam geholt hat, steht auf dem Programm.

Ludwig dankte in Antrittsrede Häupl und versprach Koalitionstreue

Auch die neuen Stadtregierungsmitglieder wurde am Nachmittag gewählt. Sämtliche SPÖ-Stadträte erhielten mindestens die Stimmen von SPÖ und Grünen (insgesamt 54 an der Zahl).  Kathrin Gaal (56 Ja-Stimmen)I übernimmt von Ludwig das Wohnbauressort, Peter Hacker (54 Ja-Stimmen) löst Gesundheits- und Sozialstadträtin Sandra Frauenberger ab, Peter Hanke (59 Ja-Stimmen) wird Nachfolger von Finanzstadträtin Renate Brauner. 

Die neue Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler, bis vor kurzem Leiterin des "steirischen herbst" in Graz, erhielt sogar 63 Ja-Stimmen und beerbt Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny. Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky und Umweltstadträtin Ulli Sima behalten ihre Jobs und müssen nicht erneut gewählt werden.

Häupl hielt zum Auftakt seine letzte Rede im Gemeinderat. "Es war über weiteste Strecken eine tolle Zeit", zog er in seiner rund 45-minütigen Ansprache Bilanz. Alle Fraktionen - außer die FPÖ, in deren Reihen nur vereinzelt geklatscht wurde - würdigten ihn mit minutenlangem Applaus und Standing Ovations.

"Ich will nicht verhehlen, dass es schon nachdenklich macht, dass es 35 Jahre her ist, dass ich in der letzten Reihe gesessen bin und als Gemeinderat vereidigt wurde", erinnerte sich Häupl an seine Anfänge im Rathaus. Über die mehr als 23 Jahre als Bürgermeister der Stadt wolle er nicht "ausführlich Rechenschaft ablegen". Das Ergebnis sei bei einem Gang durch die Stadt zu sehen.

Dennoch zeigte er sich stolz über die hohe Lebensqualität der Stadt. Bedeutende Einschnitte seien der EU-Beitritt und der Fall des Eisernen Vorhangs gewesen. "Wir haben, wenn man den internationalen Medien glauben darf, diese Chance genutzt und die Herausforderungen gemeistert."

Auch einige mahnende Wort sprach das scheidende Stadtoberhaupt. "Wir leben in einer sehr gefestigten Demokratie. Dennoch, die Demokratie ist ein zerbrechliches Gut, man muss sorgsam mit ihr umgehen." Das "Friedensprojekt" Europäische Union sei es wert, hart dafür zu arbeiten, "denn die Alternative wollen wir mit Sicherheit nicht".

Außerdem mahnte Häupl einen respektvolleren Umgang in der politischen Debatte ein. "Ich kenne keine andere Berufsgruppe, die so miteinander umgeht, wie Politiker."