Die gute Nachricht zuerst: Von einem leichten Aufwärtstrend beim Vertrauen der Österreicherinnen und Österreicher in die Wissenschaft konnte ÖAW-Präsident Heinz Faßmann am Montag berichten – und die Erleichterung war ihm anzumerken. Immerhin konnte das Land in der letzten Ausgabe der alle zehn Jahre durchgeführten Eurobarometer-Umfrage bei den einschlägigen Werten nur knapp den letzten Platz vermeiden. Dem Thema „Wissenschaftsskepsis“ widmeten sich daraufhin mehrere Institutionen prominenter. Auch die emotionalen Debatten während der Pandemie um Impfstoffe und Impfpflicht haben das Thema prominent in die Schlagzeilen gehoben.

Aus all diesen Gründen wurde ein jährliches „Wissenschaftsbarometer“ beim Gallup-Institut in Auftrag gegeben. In dessen Rahmen wurden 1500 Österreicher und Österreicherinnen im September und Oktober online und telefonisch befragt. Demnach hat sich der Anteil der Befragten, die der Wissenschaft „stark“ oder „sehr stark“ vertrauen, um drei Prozentpunkte von 70 (2022) auf 73 Prozent erhöht. Gaben im vergangenen Jahr 30 Prozent der Befragten an, großes Vertrauen in die Wissenschaft zu haben, waren es heuer 36 Prozent. „Eher stark“ war 2022 das Vertrauen bei weiteren 40 Prozent. Heuer sank dieser Anteil auf 37 Prozent.

Allerdings präsentiert sich in der Umfrage auch die Skeptiker-Basis recht stabil, die dem Sektor „gar nicht“ oder „wenig“ vertraut: Sechs Prozent heuer stehen sieben Prozent im Jahr davor gegenüber. Ein Vergleich dieser Werte mit den Nachbarländern Deutschland und der Schweiz sei heuer nicht möglich, da eine vergleichbare Studie in der Schweiz nur alle drei Jahre stattfindet und deutsche Vergleichsdaten noch nicht publiziert wurden, so die ÖAW gegenüber der APA.

Zufriedenheit als entscheidende Variable

Erstaunlich präsentiert sich ein innerösterreichischer Vergleich der Vertrauensbekundungen 2023 zwischen Menschen, die sich als insgesamt „zufrieden“ bezeichnen (35 Prozent der Befragten), und „systemisch Unzufriedenen“ (16 Prozent der Teilnehmer): Während in letzterer Gruppe lediglich 41 Prozent „sehr“ bzw. „eher“ vertrauen, tun dies unter den „Zufriedenen“ gleich 93 Prozent. Bei der Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit der Medienberichte über Wissenschaft und Forschung zeigte sich mit 21 zu 79 Prozent ebenfalls ein deutlicher Unterschied.

Die Unzufriedenheit entstünde auch aus der Lebensrealität heraus, etwa wenn das „Auskommen mit dem Einkommen“ oder die gesellschaftliche Fairness negativ eingeschätzt würden, erklärte Andrea Fronaschütz, Geschäftsführerin von Gallup Österreich. Diese Gruppe sei „nicht nur gegenüber dem Sektor, sondern auch den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern selbst skeptisch“, so Fronaschütz.

Mathematik, Physik und Chemie genießen größtes Vertrauen

Was die Disziplinen betrifft, haben Mathematik, Physik und Chemie die Nase vorne, während politiknäheren Bereichen wie der Klimaforschung deutlich weniger Vertrauen entgegengebracht wird. Winkelsummen würden eher nicht angezweifelt, so Fassmann. Als einzige Disziplin verloren hat „Informatik und Künstliche Intelligenz“, was auf eine hohe Verunsicherung, etwa was prognostizierte Jobverluste betrifft, zurückzuführen sei.

Den „gesunden Menschenverstand“ zogen 2022 ganze 37 Prozent der Studienteilnehmer wissenschaftlichen Erkenntnissen vor – „ein Gegensatz, der irritiert“. Heuer bekundeten dies 38 Prozent. Dass der Einfluss von Politik und Wirtschaft auf die Wissenschaft „viel zu groß“ oder „eher zu groß“ ist, erklärten heuer anteilig etwas mehr Menschen als noch 2022.

Mehr Engagement und hohe Auszeichnungen

Als Erklärungsmodell dafür bot Faßmann zum Beispiel die Rücknahme der Covid-19-Maßnahmen, aber auch die Zuerkennung der Physiknobelpreise für Anton Zeilinger (2022) und heuer für den ungarisch-österreichischen Forscher Ferenc Krausz an – wobei die Nachricht zum Erfolg von Krausz mitten in den Erhebungszeitraum fiel. „Die Nobelpreise haben vermutlich mehr zum positiven Image von Wissenschaft und Forschung beigetragen als jede Kampagne“, so der ÖAW-Präsident.

Zudem hätten viele Forscherinnen und Forscher ihre Bemühungen verstärkt, ihre Arbeit der breiteren Öffentlichkeit zu erklären. Hier sollte man künftig auch mehr Angebote an „Unzufriedene“ machen, denn ein Großteil dieser Gruppe möchte über Wissenschaft informiert werden. Bei rund einem Viertel der Bevölkerung müsse man jedenfalls weiter intensiv „Überzeugungsarbeit“ leisten, sagte Faßmann, der hier einen Auftrag und eine Bringschuld der Wissenschaft ortet. Die Forschenden müssten mehr hinausgehen, da „die Autorität des Wortes gesunken ist und die Zweifel zunehmen“.

Die Ergebnisse des aktuellen „Wissenschaftsbarometers“ seien „ein Beweis dafür, dass die Initiativen, die wir in Österreich zur Stärkung des Vertrauens in die Wissenschaft gesetzt haben, Wirkung zeigen und dass wir definitiv auf einem sehr guten Weg sind“, reagierte Wissenschaftsminister Martin Polaschek (ÖVP) in einer Aussendung. Er verwies auf ein im Jahr 2022 entwickeltes Zehn-Punkte-Programm, um Wissenschaft und Forschung stärker vor den Vorhang zu holen.