Der Streit um die Homöopathie ist beinahe so alt wie sie selbst: Gegner, wie die Gesellschaft für kritisches Denken, sagen, die Homöopathie sei kein Medizinsystem, sondern eine „esoterische Glaubenslehre“. Die Wissenschaft ist in großen Überblicksstudien bisher zum Schluss gekommen, dass homöopathische Mittel nicht besser wirken als Placebos – sie haben also keine größere Wirkkraft als Zuckerkugeln.

Dennoch erfreut sich die Homöopathie großer Beliebtheit: Die Hälfte der Österreicher verwendet homöopathische Mittel. Und auch in der Onkologie hat die Homöopathie mittlerweile einen Stellenwert: als Ergänzung zur Standardtherapie und als Mittel, mit Nebenwirkungen umzugehen.

Nicht mehr heimlich

An der Kinderkrebsstation des Klinikum Klagenfurt gibt es seit 20 Jahren eine homöopathische Ambulanz – und auch das AKH Wien bietet eine homöopathische Ambulanz für Krebspatienten an. „Wir wissen, dass 60 bis 80 Prozent der Patienten irgendeine komplementäre Behandlung zusätzlich machen“, sagt Wilhelm Kaulfersch, Leiter der Klagenfurter Kinderkrebsstation. Damit Patienten diese Alternativmedizin nicht „heimlich“ machen oder in die Hände von Kurpfuschern geraten, habe man die Ambulanz eröffnet – um die Wünsche der Patienten an kompetenter Stelle zu erfüllen.

In Klagenfurt bietet daher Homöopath Erfried Pichler einmal pro Woche seine Sprechstunde an der Kinderkrebsstation an: „Die Homöopathie kann Nebenwirkungen der Krebstherapie reduzieren, auf körperlicher und seelischer Ebene.“

Immer nur Ergänzung

Natürlich dürfe die Homöopathie immer nur eine Ergänzung der klassischen Krebstherapie sein – in dieser Funktion könne sie aber auch dazu beitragen, dass Patienten der Schulmedizin treu bleiben. „Patienten kommen während der Krebstherapie oft an das Erträglichkeitslimit“, sagt Homöopathin Ilse Fleck-Vaclavik. Werden die Nebenwirkungen durch die Homöopathie gelindert, könne das auch dazu führen, dass die Patienten die Therapie nicht abbrechen.

Mangelhafte Studie

Michael Frass, Leiter der Homöopathie-Ambulanz am AKH, präsentierte sogar eine Studie, die zeigen soll, dass es Patienten durch eine homöopathische Begleittherapie besser gehe. Diese Studie weist laut Gerald Gartlehner, Leiter des Cochrane-Stelle Österreich, ein Netzwerk, das unabhängig wissenschaftliche Studien überprüft, aber erhebliche Mängel auf. „Die Studie ist nicht verblindet und nicht Placebo-kontrolliert“, erklärt Gartlehner – zwei Voraussetzungen für Studien, die die Wirksamkeit von Arzneimitteln belegen sollen. „Daher zeigt die Studie sicher nicht, dass Homöopathie wirksam ist.“

Aber: „Was die Studie schon zeigt, ist, dass es vielleicht sinnvoll ist, Homöopathie bei Krebspatienten einzusetzen, weil man sich Placeboeffekte ohne Nebenwirkungen zunutze machen kann“, sagt Gartlehner. Auch Herbert Stöger, Leiter der Onkologie an der LKH-Uniklinik Graz, steht der Homöopathie „sehr offen“ gegenüber: „Man darf die Effekte nicht unterschätzen, wenn ein Homöopath sich zusätzlich um den Patienten kümmert und sich viel Zeit für ihn nimmt“, sagt Stöger.