Der steirische Landtag hat mit Wolfgang Moitzi (bis 2014 Chef der Sozialistischen Jugend Österreichs) einen neuen Abgeordneten. Er übernahm den Platz von Max Lercher ("Ich bin kein Weichei"), der sich voll der Rolle als SPÖ-Bundesgeschäftsführer widmen muss.
Die FPÖ lebte unterdessen die Oppositionsrolle im Land: mit zwei dringlichen Anfragen: eine an Landesrätin Doris Kampus zu "aktuellen Zahlen über Asylberechtigte in der Mindestsicherung". Und eine an LH Hermann Schützenhöfer wegen "Intransparenz in Sozialhilfe-Verbänden".
"Schwerfällige Verbände"
"99 Prozent sind Pflichtausgaben: Braucht es dazu eine schwerfällige Verbandskonstruktion?", stellte Stefan Hermann (FPÖ) ein großes Fragezeichen hinter die 12 Sozialhilfeverbände. Dort würde es Intransparenz geben, Doppelgleisigkeiten, vereinzelt üppige Sitzungsgelder, nicht rechtskräftige Beschlüsse, …
Laut Hermann sind in einem Verband "außerplanmäßige Einnahmen" entdeckt worden: Als ein Bediensteter sein Büro geräumt hatte, habe sich dort ein Sparbuch mit Schilling-Beträgen gefunden. Sie wären zum Einkauf von Schulbüchern gedacht gewesen. Hermann verlangte rasche Reformen.
LH Schützenhöfer betonte, der Bericht brachte Mängel, aber "keine skandalösen Ergebnisse" zutage. Er verschließt sich aber nicht der Forderung nach Reformen. Es soll daher "die offene Diskussion geben, ob das Land auch ohne diese Verwaltungsebene auskommen kann." Das müsse behutsam gemacht werden.
Die Frage, ob es eine einheitliche Umlage geben soll, berge viel Sprengstoff in sich." Denn "die Schwachen sagen, die Beiträge erdrücken uns. Und die Starken, dass sie nicht mehr zahlen wollen." Eine einheitliche Umlage lässt sich mit dem derzeitigen Modell nicht vereinbaren.
Günstlinge und Kind
Arnd Meißl (FPÖ) warf der Koalition vor, ihre Günstlinge in den Verbänden schützen zu wollen. Eine Prüfung sei für Verbandsmitglieder selbst kaum möglich, da man keine Belege erhalten würde.
Werner Murgg (KPÖ) schilderte, eine Obfrau habe das Handtuch geworfen, weil sich keine gemeinsamen Sitzungstermine haben finden lassen. Er warnte aber auch davor, das "Kind mit dem Bade auszuschütten". Die "Hilfe in besonderen Lebenslagen" werde lokal besser geregelt.
Die hohen Ausgaben für stationäre Pflege bringen die 12 Verbände in Not, erinnerte Lambert Schönleitner (Grüne) daran, die Pflegefinanzierung sei im Bund endlich zu klären.
Und Erwin Dirnberger (ÖVP) kam nicht umhin, zu erinnern, dass das Land ein später Zahler sei. Er sprach von Rückständen bei Verbänden in der Höhe von 60 Millionen (!) Euro.
"Wenn was passiert, ist es immer zu spät"
Am Nachmittag stand der Hochwasserschutz im Mittelpunkt: "Die durchschnittliche Dauer von der Antragstellung bis zum Baustart betrug etwa zwölf Jahre" hat der Landesrechnungshof der Verwaltung vorgeworfen, träge zu agieren.
Lambert Schönleitner von den Grünen hakte ein: Die Steiermark sei auf die Folgen des Klimawandels nicht ausreichend gerüstet. Weder gesetzlich, etwa bei der Raumordnung. Noch budgetär, wo es mehr Geld bräuchte.
"Das Geschäft mit dem lieben Gott ist kein einfaches. Wenn etwas passiert, ist es immer zu spät", sinnierte Landesrat Hans Seitinger. Seine Beamten seien keineswegs träge, man gehe nach Prioritäten vor. "Beim Helfen gibt es keine Parteifarbe."
Ja, Klimaschutz sei die allerbeste Prävention, man könne praktisch immer weniger Projekte nach hinten reihen. Finanziell werde der Gesamttopf (im Schnitt 45 Millionen Euro) 2019 um zwei Millionen Euro aufgestockt. Für Gasen versuche man, die bis zu 12 Millionen Euro teuren Schutzbauten vorzuziehen. Das hängt auch von finanzieller Hilfe des Bundes ab.
Belohnen oder abschieben?
Die "Treue" der Koalition aus SPÖ und ÖVP im Land wollten die Grünen testen. "Lehre für Asylwerber weiterhin ermöglichen": Lara Köck brachte diesen Antrag ein - und verfolgte damit einen Wunsch der steirischen Wirtschaftskammer. Es sei ein Irrsinn, herzlos und wirtschaftsfeindlich, diese Menschen vorzeitig abzuschieben, die so Grüne.
Auch Alexandra Pichler-Jessenko (ÖVP) stimmte zu, die Wirtschaft würde diese Arbeitskräfte dringend benötigen. Man müsste doch jene, die sich integriert haben und arbeiten wollen, belohnen.
"Uns vorzuwerfen, wir seien wirtschaftsfeindlich, ist Unsinn", konterte Gerald Deutschmann (FPÖ).
Hannes Schwarz (SPÖ) betonte, die Koalition stehe auch zur Beschäftigung von Asylwerbern. Ehrenamtlich, als Saisonarbeiter etc., ergänzte Lukas Schnitzer (ÖVP). Für eine glasklare Forderung, Lehrlinge mit negativem Asylbescheid im Land zu behalten, reichte es aber nicht.
Debatte über Muslime in Schulen
Stefan Hermann und FPÖ griffen am Vormittag dankbar das Thema Islam und steirische Schulen in einer aktuellen Stunde auf. Infolge will man ein "Kopftuchverbot für Lehr- und Betreuungskräfte" beschließen.
Tenor der FP: Die Zustände an Pflichtschulen mit hohem Ausländeranteil seien desaströs. "Wollen wir eine Kleidungspolizei?" Wolle man "radikale Tendenzen an steirischen Schulen?" Die Schulpolitik der Steirer-SP hätte versagt. Erst das Buch der Wiener Lehrerin Susanne Wiesinger habe nun ein Umdenken ausgelöst. Es wäre zu überlegen, "die Einbehaltung und Streichung von Sozialleistungen als Gegenmaßnahme" zu überlegen.
Ursula Lackner (SPÖ-Bildungslandesrätin) verschwieg Probleme nicht: wenn niemand zu Elterabend kommt; wenn Lehrer und Inhalte ablehnt werden. Aber das habe mit Herkunft oder Religion "nichts zu tun".
Das Land habe viele Maßnahmen getroffen. Wohl aber nicht ausreichend viele. Daher wird es u. a. eine neue Anlaufstelle "für Beobachter und Opfer von radikalen Tendenzen" geben. Die Stadt Graz sei im Boot. Lackner sei unerklärlich, wenn der Bund die Sprachförderungsmittel an Schulen streicht. 47 Dienstposten fallen aktuell dadurch weg.
Ein "perfides Spiel" warf Köck (Grüne) den Blauen vor. Man dränge die Kinder in Deutschklassen und rege sich dann über Parallelgesellschaften auf. Es würde "pure menschenverachtende Hetze" betrieben. Dafür kassierte Köck einen Ordnungsruf.
Detlev Eisel-Eiselsberg (ÖVP) mahnte, doch bitte in die Zukunft zu sehen. Er tritt für ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr ein. Für mehr Ressourcen für Schulen. Für neue Ideen anstatt gegenseitiger Schuldzuweisungen.
Thomas Rossacher