Angesichts von drei Nachfolgekandidatinnen - neben Heinisch-Hoseks Favoritin Eva-Maria Holzleitner auch Elvira Schmidt und Mireille Ngosso - zeigte sich die scheidende SPÖ-Frauenvorsitzende für eine gute Entscheidung der 373 anwesenden Delegierten der Bundesfrauenkonferenz zuversichtlich. Ihr Wunsch sei, dass man nach der Wahl geeint die Konferenz verlasse und Gruppenbildungen hintanstelle.

Bis dorthin sollte es länger als geplant dauern: Im ersten Wahlgang erreichte keine drei Kandidatinnen mehr als 50 Prozent. Es wurde eine Stichwahl zwischen Holzleitner und Ngosso notwendig. Das Ergebnis im ersten Wahlgang:

  • Eva-Maria Holzleitner: 168 Stimmen (45,53%)
  • Mireille Ngosso: 112 Stimmen (30,35%)
  • Elvira Schmidt: 89 Stimmen (24,12%)

Mit Mireille Ngosso (41) hatte sich eine kämpferische Sozialdemokratin dagegen gewandt, dass automatisch die von Gabriele Heinisch-Hosek gewünschte Nachfolgerin, Eva-Maria Holzleitner aus Wels, zum Zug kommt.

Im zweiten Wahlgang setzte sich dann doch noch Holzleitner mit 55,21 Prozent der Stimmen gegenüber Ngosso (44,79 Prozent) durch. Ngosso ist auch im künftigen Frauenvorstand vertreten. "Die SPÖ kann sich glücklich schätzen, so großartige Frauen in ihren Reihen zu haben, das ist ein gutes Zeichen für die Zukunft", hieß es nach der Wahl.

Zwei starke Frauen

Die 41 Jahre alte Ärztin und Wiener Gemeinderätin Ngosso ging als Außenseiterin ins Rennen um den Vorsitz über die SPÖ-Frauen. Das Motiv erklärte sie gegenüber dem Kurier so:

„Es gibt so viele Frauen mit so unterschiedlichen, teils wirklich schlimmen Lebensgeschichten. All diese Perspektiven müssen wir miteinbeziehen. Feminismus ist kein Selbstzweck, sondern der Kampf für ein besseres Leben aller Frauen. Wir müssen wieder eine Bewegung werden, in der sich jede Frau vertreten fühlt, damit wir auch wieder die nötige Schlagkraft haben, um unsere Forderungen umsetzen zu können.“

Mireille Ngosso: Kam ersten Wahlgang auf beachtliche 30,35 Prozent der Stimmen. Sie will dafür sorgen, dass sich in der SPÖ "jede Frau vertreten fühlt".
Mireille Ngosso: Kam ersten Wahlgang auf beachtliche 30,35 Prozent der Stimmen. Sie will dafür sorgen, dass sich in der SPÖ "jede Frau vertreten fühlt". © APA/GEORG HOCHMUTH

Ngosso wurde im Kongo geboren und flüchtete mit ihren Eltern im Alter von drei Jahren über Angola nach Wien. Sie will weg vom "sehr bürgerlichen, sehr weißen Feminismus" in Österreich.

Wienerinnen hinter Ngosso

Das unerwartet hohe Wahlergebnis deutet darauf hin, dass die Wiener SPÖ-Frauen geschlossen hinter ihr stehen. Ihre Ausbildung als Medizinerin verbindet Ngosso mit Parteichefin Pamela Rendi-Wagner.  Einer ihrer Arbeitsschwerpunkte ist die Gender Medizin, also die Behandlung von Krankheiten, die auf die unterschiedlichen Rahmenbedingungen von Frauen und Männern Rücksicht nimmt. Politisch legte sie ihren Fokus zuletzt stark auf die Gewaltprävention - ein Thema, das für die SPÖ-Frauen zum Kampfthema gegen die türkis-grüne Bundesregierung mit Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) wurde.

Eva-Maria Holzleitner (28), studierte Sozialwissenschaftlerin, ist die Wunschnachfolgerin der scheidenden Frauenvorsitzenden. Sie ist Nationalratsabgeordnete und kommt aus Wels in Oberösterreich.

Holzleitner steht für einen Generationenwechsel. Sie hat ihre Wurzeln in der SPÖ-Schülerorganisation AKS und in der Jungen Generation (JG). „Sie ist eine Teamplayerin, die ihre Frau steht und sich von alten weißen Männern nicht einschüchtern lässt“, pries die ehemalige Frauenministerin ihre Wunschnachfolgerin an.

Für Holzleitner selbst ist Frauenpolitik laut Aussage gegenüber der "Tiroler Tageszeitung" „nicht nur das Bohren harter Bretter, sondern eigentlich das Bohren von Stahlbeton“. „Viele Führungspositionen sind männlich besetzt", sagt sie im Interview mit der TT. "Die erste Bundeskanzlerin, Brigitte Bierlein, ist auch nicht gewählt worden. Ich glaube, wir sind noch nicht so weit, dass Frauen auf allen Ebenen akzeptiert sind. Es braucht immer noch Pionierinnen, damit man bei künftigen Besetzungen auch Frauen im Hinterkopf hat.“ 

Bei der Landtagswahl 2017 in Oberösterreich und bei der Nationalratswahl 2019 kandidierte sie jeweils hinter Alois Stöger auf dem zweiten Listenplatz. Im Parlament ist sie neben Kai Jan Krainer und Christoph Matznetter auch Mitglied des Ibiza-Untersuchungsausschusses.

"Stillstand ist Rückschritt"

Gabriele Heinisch-Hosek stand zwölf Jahre lang den SPÖ-Frauen vor. "Es war mir wirklich eine riesengroße Freude, selten kein Vergnügen und wirklich eine ganz große Ehre", unterstrich sie in ihrer Abschiedsrede, gestand aber auch ein, dass sie mit der ÖVP als Koalitionspartner viele Kompromisse akzeptieren musste.

Ihre Nachfolgerinnengeneration habe viel Arbeit vor sich, denn jeder Stillstand sei auch ein Rückschritt. Die SPÖ-Frauen seien "die wichtigste Säule in dieser Partei", und die neue Vorsitzende Ideengeberin für den "riesigen verlässlichen Tanker SPÖ".

Vor Heinisch-Hoseks Rede war die Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner am Wort. "Auf uns, liebe Freundinnen, können sich die Frauen in Österreich verlassen", betonte sie. Bei keiner der anderen Parteien, auch nicht bei den Grünen, sei dies der Fall. Sie lobte Heinisch-Hosek für ihren Einsatz und gesetzte Meilensteine, darunter die Frauenquote in staatsnahen Betrieben und den Universitäten oder den Papamonat. 

Dass ungewöhnlicherweise drei Frauen kandidieren, "das zeichnet uns aus", betonte Rendi-Wagner am Vortag des SPÖ-Bundesparteitags, denn es zeige, dass viele in der Frauenorganisation zum Übernehmen von Verantwortung bereit seien. "Für Spannung ist gesorgt, und ich bin froh. Ich liebe Spannung, wirklich." 

Offen war im Vorfeld der Wahl, wer sich durchsetzen würde. Der Wiener Gemeinderätin Ngosso wurden geringere Chancen eingeräumt. Ob sich aber die von Heinisch-Hosek gepushte Nationalratsmandatarin Holzleitner oder Schmid als niederösterreichische Frauenvorsitzende - eigentlich Heinisch-Hoseks politische Heimat - durchsetzen würde, wagten Insiderinnen im Vorfeld nicht zu beurteilen.