Man muss es schon mögen, sagt Nicolas Wieser, wenn die kleine harte Scheibe immer wieder mit Höchstgeschwindigkeit auf einen zufliegt. Wen wundert es, dass sich Eishockeykeeper den Ruf erarbeitet haben, etwas verrückt zu sein. "Das stimmt. Den Ruf haben wir leider", sagt der 25-Jährige und lacht, "ich weiß eigentlich auch nicht warum, aber es gibt schon ein paar außergewöhnliche Typen. Und auch normale." Er selbst ist eine "Mischung daraus", sagt er mit einem Augenzwinkern. Und die Mischung scheint perfekt zu stimmen.

In Linz holte der gebürtige Villacher für Graz immer wieder die Kastanien aus dem Feuer. "Es war unglaublich, zu spielen", sagt er, "in einem Pre-Play-off auf dem Eis zu stehen, ist etwas Besonderes." Aufgrund einer Verletzung von Christian Engstrand stand Wieser zwischen den Stangen. "Natürlich war eine gewisse Anspannung da. Aber in so einer Situation muss man einfach einen kühlen Kopf bewahren."  Zwei Mal war er chancenlos, 41 Schüsse der Linzer entschärfte er. Zu zwölf Einsätzen kam er in dieser Saison bislang, hält mit einer Quote von 91,9 Prozent. Somit rangiert er in dieser Fangstatistik um 0,01 Punkte vor seinem schwedischen Teamkollegen – allerdings bei gut einem Drittel Eiszeit. Ob es am Freitag (Merkur Eisstadion, 19.30) mehr werden, wird sich erst zeigen. Der Verein schweigt zum Fitnessstatus Engstrands.

Das Rezept aus Sicht des Keepers für Freitag? "Wir müssen weiterhin hart arbeiten, die Schüsse blocken und im eigenen Drittel einfach spielen."

Im Alter von zehn Jahren hat er sich im Adlerhorst des VSV für die Position im Tor entschieden. "Ich war vorher Feldspieler. Aber mein Papa, der Onkel und der Cousin waren Torhüter. Dann habe ich es auch gerne einmal versucht." Bereut hat er den Gang in das Tor nie. In Villach ist Hockey mehr als nur ein Sport und in frühen Jahren hat er auch noch Fußball gespielt, sich dann aber gegen den Rasen und für das Gefrorene entschieden. "Durch die Familie und die Freunde ist es Eishockey geworden." In der Saison 2014/15 zog es ihn dann erstmals in den Bullenstall nach Salzburg. "Mit der Akademie gibt es sehr gute Trainingsmöglichkeiten und die Entwicklung dort ist sehr gut. Es war ein guter Schritt." Im Männerhockey hat er sich vor seinem Engagement in Graz etabliert – in der Alps Hockey League und in der Ice League. "In der Alps League zu spielen, hat mir in der Entwicklung viel gebracht."  Und auch in der Königsklasse kam er zum Einsatz.

Nach einer Verletzung von Jean-Philippe Lamoureux schnupperte er in der Saison 2021/22 sogar Luft Champions Hockey League. "Er hat sich nach zehn Minuten wehgetan. Da ist die Nervosität einmal ein bisschen hochgeschossen, aber dann ist alles gut gelaufen."  Der Schritt von Salzburg nach Graz ist ihm nach sieben Jahren und einem Meistertitel nicht schwergefallen. "Auch wenn ich von Graz außerhalb der Halle nicht viel gekannt habe", sagt er. Mit Engstrand hat er einen "Einser" vor sich, der zu den besten der Liga zählt "Man lernt ohnehin immer was dazu und ich komme mit ihm vom Menschlichen her sehr gut aus." Eine gute Chemie zwischen der Nummer Eins uns einem Ersatzmann hilft ungemein. "Es sind dann einfach weniger Spannungen. Natürlich ist der Kampf um den Stammplatz immer da, aber wenn man sich versteht, dann motiviert man sich da sogar." Die Arbeit mit Tormann-Trainer Henning Sohlberg hat gefruchtet. "Er ist wirklich ein super Trainer und durch ihn habe ich viel gelernt."