Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International stellt einen massiven Anstieg von Hinrichtungen im Iran fest. 2023 seien 853 Menschen vom Mullah-Regime hingerichtet worden, um 48 Prozent mehr als im Jahr davor, teilte Amnesty am Donnerstag mit. Iranische Gefängnisse seien "Schauplätze von Massentötungen". Das Regime setze die Todesstrafe ein, um die Bevölkerung nach den Massenprotesten des Jahres 2022 "in Angst und Schrecken zu versetzen", kritisierte die NGO.

Gemäß Angaben von Amnesty International war die Zahl der Hinrichtungen im Iran im Jahr 2023 die höchste seit 2015 und um 48 Prozent höher als 2022. Dieser Trend setzt sich auch im neuen Jahr fort: Bis zum 20. März wurden bereits 95 Hinrichtungen dokumentiert, wobei die Dunkelziffer unklar bleibt. Mehr als die Hälfte der Hinrichtungen konnte mit Drogendelikten in Verbindung gebracht werden.

"Die iranische Regierung hat die Todesstrafe zu einer Waffe gemacht, um Angst in der Öffentlichkeit zu säen und abweichende Meinungen zu unterdrücken. Ohne eine entschlossene Reaktion der internationalen Gemeinschaft werden sich die iranischen Behörden ermutigt fühlen, in den kommenden Jahren weiterhin Tausende von Menschen ungestraft hinzurichten", kritisierte Shoura Hashemi, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich. Die Tötungsserie setze sich auch im heurigen Jahr fort. Bis zum 20. März seien mindestens 95 Hinrichtungen dokumentiert worden. Wie hoch die Dunkelziffer ist, ist unklar.

Hinrichtungen wegen Drogendelikten

Mindestens 481 Hinrichtungen im Vorjahr seien im Zusammenhang mit Drogendelikten vollstreckt worden, heißt es in dem Bericht. "Die massenhaften Hinrichtungen wegen Drogendelikten nach grob unfairen Prozessen vor Revolutionsgerichten sind ein besonders eklatanter Machtmissbrauch", so Hashemi. "Mit ihrer tödlichen Antidrogenpolitik trägt die Islamische Republik zu einem Kreislauf von Armut und systemischer Ungerechtigkeit bei und verfestigt die Diskriminierung marginalisierter Bevölkerungsgruppen, insbesondere der unterdrückten Minderheit der Belutschen."

Demonstrationen und Social Media als Gründe

Es habe im Vorjahr auch eine Welle von Hinrichtungen von Demonstrantinnen und Demonstranten, Nutzerinnen und Nutzern Sozialer Medien sowie anderen tatsächlichen oder vermeintlichen Dissidentinnen und Dissidenten gegeben. Dabei reichten mitunter auch vage Anklagen wie "Feindschaft zu Gott" oder "Verdorbenheit auf Erden".

Im Fall von Drogendelikten erfolgten die Hinrichtungen mitunter schon im Gewahrsam, und Angehörige der belutschischen Minderheit waren überproportional betroffen. 29 Prozent der diesbezüglichen Hinrichtungen entfielen auf sie, obwohl sie nur etwa fünf Prozent der iranischen Gesamtbevölkerung ausmacht.

17-Jähriger hingerichtet

Eine "traurige Eskalation" habe es auch gegeben, was die Tötung von Minderjährigen betrifft. So sei ein 17-Jähriger hingerichtet worden, und vier weitere Personen für Verbrechen, die sie im Alter unter 18 Jahren begangen hatten.

Amnesty International erwartet, dass die Zahl der Hinrichtungen im Zusammenhang mit Drogen noch zunehmen wird. Ein geplantes neues Antidrogengesetz soll nämlich die Bandbreite der Drogendelikte, die die Todesstrafe nach sich ziehen, vergrößern.

Öffentliche Statistiken zu Todesurteilen und Hinrichtungen gibt es im Iran nicht. Amnesty International erstellte ihre Statistik in Zusammenarbeit mit der Menschenrechtsorganisation Abdorrahman Boroumand Centre sowie unter Nutzung offener Quellen. Außerdem seien Hinrichtungsprotokolle der Menschenrechtsorganisationen Iran Human Rights und Kurdistan Human Rights Network eingesehen worden.