Im Jahr 1925 beschloss die Genfer Opiumkonferenz ein globales Cannabisverbot, das 1964 im UN-Einheitsabkommen für Betäubungsmittel mündete. Seit damals sind die Konsumentenzahlen trotz restriktiver Prohibitionspolitik stetig auf rund 25 Millionen Konsumierenden in ganz Europa gestiegen. Auch das Einstiegsalter wird von Jahr zu Jahr niedriger, wohingegen die THC-Werte des konsumierten Cannabis von Jahr zu Jahr ansteigen. Mit einem Satz: Die Prohibitionspolitik ist gescheitert. Cannabis wird konsumiert, egal ob legal oder illegal.
Die Vorteile einer Legalisierung liegen klar auf der Hand: Dealer verlangen genauso wenig nach Ausweisen ihrer Käufer, wie sie sich um eine angemessene Qualitätskontrolle ihrer Ware kümmern. Beides wird erst durch eine regulierte Abgabe über zertifizierte Verkaufsstellen oder Apotheken möglich. Nur so kann dem gefährlichen Trend der letzten Jahre, dass Cannabisblüten mit gefährlichen Stoffen verunreinigt oder gestreckt werden, entgegengewirkt werden.
Auch eine Begrenzung oder zumindest Ausweisung des THC-Wertes der verkauften Blüten wäre so möglich. Durch die Verdrängung der Produktion auf den Schwarzmarkt wurde und wird die Gesundheit der Konsumierenden aufs Spiel gesetzt. Hatten Cannabisblüten in den 60er-Jahren noch einen THC-Wert von fünf bis sechs Prozent, sind wir heute bei 15 bis 20 Prozent angelangt. Durch die fehlende Qualitätskontrolle ist jeder Cannabiskauf mit vermeidbaren Risiken behaftet.
Stellen Sie sich vor, Sie würden in den Supermarkt gehen und einen Liter Alkohol kaufen. Einmal bekommen Sie einen Liter Bier und beim nächsten Mal einen Liter Schnaps. Die Wirkung können Sie aber immer erst abschätzen, nachdem Sie Ihren Kauf konsumiert haben. So ähnlich ist die Situation auf dem derzeit illegalen Cannabismarkt.
Deutschland hat so wie Tschechien, Kanada und einige weitere Länder die Zeichen der Zeit erkannt. Auch zeigen Daten aus den Ländern, wo schon vor Längerem Cannabis legalisiert wurde, dass die Konsumentenzahlen bei Jugendlichen entgegen den Erwartungen gesunken sind. Das liegt neben den funktionierenden Alterskontrollen bei der Abgabe auch an der Tatsache, dass der Reiz des Verbotenen hier wohl größer gewesen zu sein scheint als der tatsächliche Wille, Cannabis zu konsumieren.
Das soll Cannabis keineswegs verharmlosen. Cannabis ist, so wie Alkohol, eine Droge. Und der übermäßige Konsum von Drogen kann zu schweren gesundheitlichen Problemen führen. Aber in einer aufgeklärten Gesellschaft können wir den Österreicherinnen und Österreichern durchaus einen vernünftigen und eigenverantwortlichen Umgang mit qualitativ hochwertigem und reguliertem Cannabis zutrauen.
Vorneweg: Den einen goldenen Weg gibt es nicht. Die Legalisierung hat sicher auch Vorteile: Cannabis wird entkriminalisiert, die Polizei und die Gerichte hätten weniger zu tun. Aber als Arzt habe ich den medizinischen Blickwinkel und damit Sorgen.
Grundsätzlich ist es so: Je verfügbarer eine Substanz ist, desto mehr Menschen konsumieren sie. Wir sehen das in Amerika. In den Bundesstaaten, in denen Cannabis legalisiert wurde, konsumieren die Menschen weit mehr als vor der Legalisierung.
Natürlich kann man in Österreich argumentieren, dass wenn jemand unbedingt Cannabis konsumieren will, er auch jetzt dazu kommt. Aber es ist ein Unterschied, ob ich mir heimlich irgendwo ein bisschen Cannabis organisiere und mit drei Freunden im Keller einen Joint rumgehen lasse oder ob es zum Kulturgut wird – wie in den Bundesstaaten in Amerika, wo bei jeder Feier jeder mit einem Glas Bier und einem Joint in der Hand herumsteht.
Am Beispiel der Zigarette: Wir haben Jahrzehnte gebraucht, bis wir die Menschen endlich dazu bringen konnten, zu verstehen, dass Rauchen ungesund ist. Und dass sie freiwillig die Finger davon lassen sollten. Mittlerweile haben wir das halbwegs geschafft, zum ersten Mal sinken die Zahlen der Raucherinnen und Raucher in der westlichen Welt. Aber das hat es eben gebraucht und es wurden Milliarden in Präventionsarbeit investiert. Dasselbe müssten wir bei einer Legalisierung mit Cannabis machen. Wir würden wieder Jahrzehnte brauchen, um den Menschen klarzumachen, dass Cannabis nicht so supergesund und es eigentlich schädlich ist.
Das medizinische Argument gegen die Legalisierung ist also, dass die Verfügbarkeit steigt. Und auch wenn nur ein gewisser Teil der Menschen dann Probleme entwickelt, wird es in absoluten Zahlen mehr sein als heute. Die häufigsten Erkrankungen sind Sucht oder Psychose. Und die Psychose haben wir bei Alkohol und Zigaretten nicht.
Auch wäre der Kinder- und Jugendschutz bei der Legalisierung gefährdet. Wenn viele Erwachsene kiffen, dann werden auch viele Jugendliche kiffen, egal, ob es für sie erlaubt ist oder nicht. Jugendliche wollen ja immer das machen, was Erwachsene machen. In Amerika ist Cannabis meist erst ab 21 erlaubt und trotzdem ist die Rate der Jugendlichen, die Cannabis konsumieren, gestiegen. Und bei den Jugendlichen wissen wir, dass Cannabis Gift ist. Die Hirnreifung läuft bis zum 25. Lebensjahr und mehrere Studien zeigen, dass regelmäßiger Cannabiskonsum die Hirnreifung verhindert.
Zusammengefasst ist es wirklich schwierig, Cannabis so zu legalisieren, dass es medizinisch vertretbar wäre. So streng kann man die Gesetze gar nicht machen, dass nur gewisse Menschen Cannabis konsumieren.