Seit knapp einem Jahr sitzt Ex-Politiker Hartwig Löger bei der Vienna Insurance Group im Chefsessel, den er von Elisabeth Stadler übernahm. Und der Ringturm dürfte ihm weit lieber sein als es das Finanzministerium in der Himmelpfortgasse wohl je war. Ein gelöster Löger spricht bei der Bilanzpressekonferenz über Erfolgszahlen, als ob er nie etwas anderes hätte tun wollen: Die VIG ist auf Rekordkurs. Trotz Rekordzahlungen für Unwetterschäden.

„Wir haben ein sehr starkes, sehr solides, unserer Position entsprechendes Ergebnis,“ so Löger. Die VIG sei mit einem Marktanteil die mit Abstand erfolgreichste Versicherungsgruppe in Zentral- und Osteuropa. Von den um zehn Prozent auf 13,8 Milliarden Euro gestiegenen Prämieneinnahmen kommen bereits 56 Prozent nicht mehr aus Österreich. Überhaupt erreichen die Konzernzahlen bereits Größenordnungen, dass die VIG sie selbst auf kleinere Einheiten herunterbricht: Wenn die gesamten Versicherungsleistungen 2023 um 12,7 Prozent auf 9,8 Milliarden Euro geklettert sind, dann gingen jeden Tag 27 Millionen Euro an die Kunden und Kundinnen. Von denen gibt es 32 Millionen in 30 Ländern.

Kfz-Bereich als Wachstumsträger

Beim Vorsteuergewinn marschiert die VIG langsam schon auf die Milliarde zu. 2023 stieg er um ein Drittel auf 773 Millionen Euro, bis zu 100 Millionen Euro mehr könnten es heuer werden. Die Voraussetzungen dafür hält Löger für gut, denn in Zentral- und Osteuropa wachse die Wirtschaft zwar auch gedämpft, aber doch schneller als im Rest Europas. Die VIG habe die Ambition, das zu nutzen: „Wir sind selbstbewusst, auch weil wir es in den letzten Jahren erkennbar und gut geschafft haben, trotz dieser Rahmensituation eine deutliche Ergebnissteigerung hinzulegen.“ Aktionären verspricht er kontinuierliche Dividendensteigerungen, für 2023 gibt es 1,40 Euro je Aktie.

Zu den besonderen Wachstumsträgern gemessen an den Prämien gehören in der VIG der Kfz-Bereich und sonstige Sachversicherungen. Als Einzelmarkt sticht Polen mit fast 13 Prozent Zuwachs hervor, in Österreich gab es immerhin noch 3,2 Prozent Plus.

Kleine Signa-Spuren

Aber nicht alles war Schönwetter: Stürme, Hagel, Überschwemmungen verursachten Schäden, die die VIG mit netto 340 Millionen Euro beziffert, ein Drittel über den Vorjahreswerten. 160 Millionen Euro entfielen auf Österreich, das war sogar ein Anstieg um 50 Prozent.

Die Signa-Pleite hinterließ im Versicherungskonzern nur vergleichsweise kleine Spuren: Eine Anleihe im Nominale von 50 Millionen Euro wurde vollständig abgeschrieben, wie Finanzchefin Liane Hirner betont. Die VIG sei traditionell stark in Immobilien investiert. In der Bilanz stünden die aber nicht zu Zeitwerten. „Wir haben da stille Reserven und brauchen keine Abschreibungen,“ so Hirner. Einfach nur abhaken will die VIG das Thema Signa aber nicht. Die Versicherung stört, dass die Sanierungen in Eigenverwaltung erfolgen. Man werde sich demnächst mit anderen „für einen ordentlichen Prozess einsetzen“.

Wie sehr Online-Tools beim Wachstum helfen, zeigt die Kooperation mit der Erste Group, über dessen „George“-Plattform Löger zufolge schon 350.000 Versicherungsverträge abgeschlossen wurden. „Das wird weiter hohe Dynamik zeigen,“ so Löger. KI gilt generell als das große Thema in der Branche. Bei der VIG steht bereits KI dahinter, wenn Kunden aktiv das „next best offer“ unterbreitet wird, also das Produkt, das demnächst ideal zu ihnen passen könnte. Auch bei KFZ-Versicherungen wird KI bereits eingesetzt, etwa über eine interaktive Anleitung, mit der Kfz-Schäden aufgenommen werden. Die KI führt den Kunden rund um sein Auto und sagt, was er genau ablichten soll. Selbst Vorschäden erkennt die KI mit einem „Blick“.