Der Jubel ist frenetisch, als wenige Minuten nach 17 Uhr klar wird, was es für die FPÖ bei dieser Wahl geschlagen hat. Die Neos sind aus dem Häuschen, schreien aus Leibeskräften. Kurze Atempause, das Ergebnis der Grünen lässt viele etwas durchschnaufen. Es war zwar schon vorher durchgesickert, dass die ÖVP und die Grünen bei dieser Wahl „abräumen“, aber jetzt macht sich offenbar doch bei dem ein oder anderen leichtes Herzklopfen breit.
Helmut Brandstätter, dem kurzfristig quer eingestiegenen Kandidaten hinter Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger, steht die Anspannung ins Gesicht geschrieben. Er beobachtet den Trubel fast unbewegt, und das Bad in der großen Menschenmenge treibt ihm den Schweiß auf die Stirn. Dann die ohrenbetäubende Entladung: plus vier Sitze für Pink, ein Sprung von 5,3 Prozent vor zwei Jahren auf nun 7,8 Prozent der Stimmen.
Es dauert Minuten, bis der Lärmpegel abebbt. Die Chefin ist noch nicht da, lässt sich aber nicht lange bitten. Als Beate Meinl-Reisinger die Säulenhalle im Volksgarten betritt, wird sie umjubelt. Mit dem Mikro in der Hand peitscht sie die Menge auf: „Wir haben fast 50 Prozent mehr Stimmen als vor zwei Jahren. Es war das beste Wahlergebnis, das eine liberale Partei jemals in Österreich erreicht hat“, schreit sie jetzt von der Bühne. „Wir bedeuten Österreich etwas, das wird auch in der Zukunft so bleiben.“
"Frage der Regierungsbeteiligung stellt sich nicht"
Wie diese Zukunft für die Pinken nun tatsächlich aussehen könnte, darüber gehen auf der Wahlparty die Meinungen allerdings etwas auseinander. Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn ist der Erste, der angesichts der neuen türkis-grünen Macht sagt, dass „sich die Frage nach einer Regierungsbeteiligung der Neos nicht mehr stellt“.
Dabei hatte gerade die 41-jährige Neos-Chefin, der der Wahlkampf offensichtlich großen Spaß gemacht hatte, nie Zweifel daran gelassen, gerne Verantwortung in einer Regierung zu übernehmen. „Wir wollen Verantwortung übernehmen, unsere Themen werden wichtig sein“, betont sie schließlich bei den Dutzenden Interviews wieder und wieder. Also doch Türkis-Grün-Pink?
Neos-Nationalratsabgeordnete Stephanie Krisper ist zwar „echt glücklich, so großartig dazugewonnen zu haben“. Sie spricht aber auch aus, warum vom Mitregierungsangebot jetzt keine Rede mehr sein soll. „Es werden sicher mit jedem Gespräche geführt“, so Krisper. „Aber wenn sich eine Regierung mit zweien ausgeht, warum soll Kurz sich eine Dreierkonstellation antun? Er wird wohl den für ihn einfachsten Weg gehen“, mutmaßt sie.
Als wir Beate Meinl-Reisinger zum kurzen Interview bekommen, ist soeben die Meldung über die Nachrichtenagentur gekommen, dass die FPÖ für sich keinen Regierungsauftrag sieht und in die Opposition gehen will.
"Sicher nicht als Mediatorin"
So oft hatte sie den Satz vor TV-Kameras gesagt, „eine Fortsetzung Türkis-Blau darf es nicht geben“. Auf die Frage, ob sie sich zwischen den unterschiedlichen Polit-Charakteren Kurz und Kogler eine wichtige politische Funktion für sich vorstellen könne, platzt sie heraus: „Sozusagen als Mediatorin? Sicher nicht. Die werden ihre Probleme unter sich ausmachen müssen.“ Brandstätter erwartet „schwierige Verhandlungen zwischen ÖVP und Grünen. „Ich weiß nicht, wie ein Regierungsprogramm von denen aussehen soll.“
Meinl-Reisinger hatte den Neos-Vorsitz vor einem Jahr von Matthias Strolz übernommen. Strolz hielt sich bei der Wahlparty im Hintergrund, gratulierte der 41jährigen aber mit einer festen Umarmung.