Sie kennen den alten kulinarischen Hüttenwitz? Man nagelt drei Schimützen an die Wand und schreibt "Wir sind ein Dreihaubenlokal" dazu. Bei Arnold Pucher im Kärntner Top-Schigebiet Nassfeld könnte man zusätzlich zwei von Weihnachten übrig gebliebene Sterne anbringen und "Das ist ein Zwei-Sterne-Lokal" anfügen.

Experimentierfreudig. Der Hotelier ist seit Erscheinen des Michelin 2008 einer von nur sieben österreichischen Köchen mit zwei Sternen, drei Sterne hat hierzulande bislang keiner erkocht. Pucher ist wohl auch der experimentierfreudigste im Premiumsegment. Anfangs machte der g'rade Michl, der bei seinem Wiedereinstieg in den Kochberuf 2001 von null auf drei Gault-Millau-Hauben gestartet war, durch Olivenölmenüs von sich reden. Soll heißen: Er ersetzte Butter und andere Fette durch Olivenöl. Dann gesellten sich Experimente sowie Exkurse in die Molekularküche hinzu.

Flüssiger Käse. In Puchers Gourmetstüberl rauchen Trockeneisnebel, man trinkt flüssigen Käse oder lauwarme Schokolade aus Eprouvetten oder injiziert sich in Spritzen gefüllte Emulsionen zum Scampilutscher in den Mund. Die "Eierspeise ohne Eier" basiert dotterfrei auf Olivenöl und wird mit Sevruga-Kaviar gewürzt. Der Audi-RS4-Fahrer abstrahiert mit Vorliebe kulinarische Klassiker: Bei der "Virtuellen Kasnudel" wird Topfen statt auf Teig auf gewürzte Gelatine aufgetragen und wie Canelloni gerollt. Das schmeckt verblüffend "käsnudelig" und es gibt keine dicken Teigstücke, die bei diesem Monument der Kärntner Kulinarik oft den Kauapparat fordern.

Gabelbissen. Puchers Reminiszenz an good old "Gabelbissen" ist eine Köstlichkeit aus Saiblingskaviar, Wachtelei, Flusskrebs, Forelle, Gurkerl, und Fischfondgelatine, die den Aspik mimen darf. Ritschert wird im Glas serviert: Gerste, Selchfleisch, Lustocksafterl unter Bohnenschaum. Nicht alles ist Experiment oder Illusion: Wild und Meeresfische, die Gourmetexpresse auf 1500 Meter Seehöhe bringen, werden schonendst gegart – Pucher will allem ein Maximum an Eigenaroma entlocken. Allerdings nur im Winter: Im Sommer rentiert sich das Hotel nicht, und ein Restaurant in Friaul war kein Renner. Die italienischen Gourmetführer negierten den Ausländer. Mit Michelinstern zwei haben nun auch die Italiener den Austriaco am Passo Pramollo entdeckt. Der lange Sommerschlaf passt Pucher gar nicht, ein Restaurant an einem Kärntner See wäre gefragt. Die bisher angebotenen Objekte waren allerdings virtueller als seine Kasnudeln.