Es ist ein Wiedersehen, auf das viele Fans sehnsüchtig gewartet haben, und doch ist fast alles anders. Denn Leichen stehen nicht nur am Anfang von "Kottan ermittelt - Rien ne va plus" (Start am 3. Dezember), Tote hatte auch das Dream-Team von einst zu beklagen: Mit Walter Davy (Schremser), Curth Anatol Tichy (Schrammel) und Kurt Weinzierl (Polizeipräsident Pilch) musste ein prägnantes Trio ersetzt werden. Doch Johannes Krisch, Robert Stadlober und Udo Samel erweisen sich als kongeniale Nachfolger. Sie schaffen den Spagat zwischen Vorbild und Neuinterpretation und lassen viel Entwicklungspotenzial erkennen. Denn dieses gelungene Revival macht eindeutig Lust auf mehr.

Reminiszenzen an die glorreiche Vergangenheit

Kottan wird zur Aufklärung einer offenbar mit einem Millionenspiel in Zusammenhang stehenden Mordserie aus der Suspendierung zurückgeholt. Mit Erklärungen und Vorgeschichten hält sich der Film nicht lange auf - dafür werden umso liebevollere Reminiszenzen an die glorreiche Vergangenheit gepflegt. So bedeckt die in Kottans Büro hängende Fotogalerie von gestorbenen Kollegen bereits eine ganze Wand, darf der Running Gag der im Vorbeifahren abgerissenen geöffneten Autotür ebenso wenig fehlen wie ein elegant-ironisches Negieren des wohl legendärsten aller Kottan-Sagers: "Inspektor gibt's kan!"

In altbewährter Manier ist auch diesem Kottan-Film eine logische, spannende Krimihandlung nicht wichtig. Jan Zenker hat keines der sechs unverfilmten Drehbücher seines Vaters für die überraschend eingestellte TV-Serie verwendet, sondern den Stoff um Pyramidenspiele und Rotlichtmilieu (die Spur führt in eine Bar namens "Fast Fut") einem Roman Helmut Zenkers aus dessen Serie um die Privatdetektivin Minni Mann entnommen. Doch im Mittelpunkt stehen ohnedies pointierte Dialoge ("Was ist das - ein Vakuum?" - "Ich hab's im Kopf, aber es fallt mir grad' nicht ein."), ein gepflegter Schmäh, skurrile Situationen, Slapstick vom Feinsten, sorgsam ausgewählte Wiener Schauplätze und jede Menge hübscher Details wie die überall auftauchenden "Wien im Film"-Plakate.

Kakerlake statt Kaffeeautomat

Peter Patzak hat in dieser SATEL Film-Produktion tiefer als je zuvor in die Trickkiste gegriffen, baut immer wieder Szenen via Greenscreen auf Haus- oder Plakatwänden in andere laufende Szenen ein, lässt Präsident Pilch nicht mehr am Kaffeeautomaten, sondern an einer frechen, in den Film kopierten Zeichentrick-Kakerlake verzweifeln und gönnt Mavie Hörbiger als junger Frau eines von Erich Schleyer gespielten kriminellen Ex-Bankers eine gelungene Actionszene, die in ihrer Überdrehtheit gleichzeitig Hommage und Persiflage jener Blockbuster-Filme ist, die über ein Vielfaches an Budget, aber nur einen Bruchteil an Einfällen verfügen. Gespart wird auch bei der Polizei: Als Kottan "ein James Bond-Auto" für sich fordert, erhält er ein Smart Car mit einer Einparkhilfe ganz spezieller Art.

Eine weitere Neuerung betrifft den (nächste Woche auf CD erscheinenden) Soundtrack. Kottans Kapelle hat offenbar viel Zeit zum Üben gehabt und spielt - mit gehörigem Understatement - alle Nummern selbst. Einer der Höhepunkte nicht nur der Musikspur, sondern auch des ganzen Films ist eine "Chantilly Lace"-Gesangs- und Tanznummer, die "Schremser" Johannes Krisch auf einer Wienfluss-Brücke zum Besten gibt. Überhaupt ist seine Neu-Interpretation des eigenwilligen Kollegen, der die Krücken seines Vorgängers behalten, ein zweites (steifes) Bein jedoch hinzubekommen hat, grenzgenial. Ein nicht leicht durchschaubarer Grenzgänger auf der Schlangenlinie zwischen Recht und Unrecht, der im Nebenjob seine eigene Detektei betreibt und auch sonst schaut, dass er nicht zu kurz kommt.

Robert Stadlober ist als Gehilfe Schrammel der eindeutige Benjamin in der Runde, unerfahren, karrieregeil und schießwütig. Udo Samel residiert als Polizeipräsident Heribert Pilch mittlerweile im Schloss Schönbrunn und ist im Kampf gegen seinen Rivalen Generalmajor Hofbauer (Wolfgang Böck als widerlicher Populist) dabei, Wien in einen Überwachungsstaat zu verwandeln und die Stadt mit "Polizei-Apparaten" genannten Robotern zu überziehen.

Viele bekannte Gesichter

Viele Mitwirkende von einst, von Bibiana Zeller über Chris Lohner bis zu Hanno Pöschl und Erni Mangold sind wieder mit dabei, Prominenz der heimischen Film- und Theaterszene, von Simon Schwarz bis Cornelius Obonya und von Karl Ferdinand Kratzl bis Elke Winkens tummelt sich in Nebenrollen und macht das Comeback des Kult-Kieberers zu einem Fest des heimischen Kinos. Fortsetzung dringend erbeten. Aber bitte nicht erst in 26 Jahren.