Das Drama "Boyhood" ist der große Gewinner der 72. Golden Globes. Die über zwölf Jahre gedrehte Geschichte einer Kindheit und Jugend gewann am Sonntagabend (Ortszeit) in Los Angeles den Globe als bestes Filmdrama. Darüber hinaus gab es zwei weitere Preise für das Filmexperiment: Richard Linklater siegte als bester Regisseur, Patricia Arquette wurde als beste Nebendarstellerin ausgezeichnet.
Als beste Komödie stach überraschend Wes Andersons "The Grand Budapest Hotel", eine britisch-deutsche Koproduktion mit Stars wie Ralph Fiennes und Bill Murray über ein Hotel in der fiktiven osteuropäischen Republik Zubrowka, die Komödie "Birdman" aus. Mit sieben Nominierungen hatte die Hollywood-Satire von Regisseur Alejandro Gonzalez Inarritu als großer Favorit des Abends gegolten, konnte jedoch nur jene in den Sparten Drehbuch und Hauptdarsteller in Preise ummünzen.
Als bester Hauptdarsteller in der Kategorie "Komödie/Musical" stach Michael Keaton, der in "Birdman" einen alternden Hollywoodstar mimt, damit auch Österreichs einzige Trophäenhoffnung aus: Christoph Waltz, der für seine Darstellung des Walter Keane in Tim Burtons "Big Eyes" für seinen dritten Golden Globe - den ersten in einer Hauptdarsteller-Kategorie - nominiert war, hatte das Nachsehen. Jubeln konnte dafür sein Co-Star: Für ihre Rolle der Margaret Keane wurde Amy Adams als beste Komödiendarstellerin prämiert.
Nicht seiner Favoritenrolle gerecht wurde Benedict Cumberbatch, der in "The Imitation Game - Ein streng geheimes Leben" den britischen Kryptoanalytiker Alan Turing verkörpert. Das fünffach nominierte Historiendrama von Regisseur Morten Tyldum ging generell leer aus. Stattdessen wurde Eddie Redmayne in der Drama-Kategorie für seine Rolle als Physiker Stephen Hawking in "Die Theorie der Unendlichkeit" ausgezeichnet, während bei den Damen Oscar-Favoritin Julianne Moore als Alzheimer-Kranke in "Still Alice" gewann.
Bester ausländischer Film wurde überraschend nicht das polnische Nonnendrama "Ida", sondern der russische Beitrag "Leviathan", der vom Leben in einem einsamen Dorf erzählt. Bester Nebendarsteller wurde J.K. Simmons als aggressiver Musiklehrer in "Whiplash". Als bester Animationsfilm wurde "Drachenzähmen leicht gemacht 2" geehrt.
Bei den Fernsehpreisen gehören jene Serien zu den größten Gewinnern, die in den USA nie im regulären Fernsehen zu sehen waren: "House of Cards" ist die viel gelobte Serie der Filmplattform Netflix, und Hauptdarsteller Kevin Spacey wurde - nach sieben erfolglosen Globe-Nominierungen seit 1996 - bester Darsteller einer Dramaserie. "Transparent" gewann gleich zweimal, einmal als beste Komödienserie und Jeffrey Tambor als bester Schauspieler. Die Serie dreht sich um einen transsexuellen Familienvater und ist eine Produktion von Amazon und nur in dessen Streamingangebot zu sehen.
Die aufsehenerregende HBO-Krimiserie "True Detective", die mit vier Nennungen - u.a. für ihre Hauptdarsteller Matthew McConaughey und Woody Harrelson - ins Rennen ging, ging überraschend leer aus. Stattdessen gab es zwei Preise für "Fargo" als beste Miniserie sowie für den besten Schauspieler Billy Bob Thornton. Den Preis als beste Dramaserie erhielt die Ehe-Geschichte "The Affair", als beste Hauptdarstellerinnen wurden Ruth Wilson ("The Affair") und Gina Rodriguez ("Jane the Virgin") geehrt.
Ein Gewinner stand schon vorher fest: George Clooney bekam, mit 53, einen Golden Globe für sein Lebenswerk. "Ich könnte nicht stolzer sein, dein Ehemann zu sein", rief er seiner frischangetrauten Ehefrau Amal Alamuddin im Publikum zu und beendete seine Rede mit Gedanken zu den Demonstrationen nach den islamistischen Morden in Paris. "Da waren Christen, Juden und Muslime. Sie haben nicht protestiert. Sie marschierten einfach für die Idee, nicht in Angst leben zu müssen. Je suis Charlie."
Auch Theo Kingma, Chef des die Preise vergebenden Verbands der Auslandspresse in Hollywood, nutzte seine Rede für ein Plädoyer für die Pressefreiheit. "Gemeinsam werden wir zusammenstehen gegen jeden, der das Recht auf freie Meinungsäußerung unterdrückt", sagte Kingma. Das gelte für jeden Ort der Welt, "von Nordkorea bis Paris". Kingma bezog sich damit nicht nur auf das jüngste islamistische Attentat auf die französische Satire-Zeitung "Charlie Hebdo", sondern auch auf den Hackerangriff auf den Filmkonzern Sony, der im Zusammenhang mit der Nordkorea-Satire "The Interview" stand. Das Publikum erhob sich bei Kingmas Worten. Einige Gäste trugen einen Anstecker mit der Aufschrift "Je suis Charlie".
Abseits politischer Reden wurde auch gescherzt: Während der dreistündigen Verleihung im Beverly Hilton Hotel überzeugten die Moderatorinnen Tina Fey und Amy Poehler mit bissigen Kommentaren das Star-Publikum, unter das sich auch Song-Contest-Siegerin Conchita Wurst gemischt hat. Der Abend stehe im Zeichen "aller Filme, mit denen Nordkorea kein Problem hat", sagten die Moderatorinnen in Anspielung auf die Kontroverse um die zeitweise aus den US-Kinos verbannte Satire "The Interview". Weitere Gags handelten u.a. von den Missbrauchsvorwürfen gegen Bill Cosby und der Hochzeit von George Clooney. Die von rund 90 in Hollywood lebenden ausländischen Filmjournalisten vergebenen Globe-Trophäen in Form einer goldenen Erdkugel gelten als Barometer für den wichtigsten Filmpreis der Welt, den Oscar. Deren Nominierungen werden am Donnerstag (15. Jänner) bekannt gegeben. Die Verleihung ist am 22. Februar.