Harry Potter hat seinen Zauberstab, Bella aus "Twilight" hat keine Angst vor einer unfreiwilligen Blutspende bei Zungenküssen mit einem Vampir, und Katniss Everdeen aus "Die Tribute von Panem" hat den Bogen raus. Ja, die Liga der jugendlichen Kinohelden ist um eine weibliche Figur reicher.

Die 16-jährige Katniss (Jennifer Lawrence), eine begnadete Bogenschützin, lebt in einem postapokalyptischen Amerika, das vom Krieg gezeichnet zur diktatorischen Nation Panem wurde. In zwölf Distrikte geteilt, werden die Menschen klein und die Sehnsucht nach einem besseren Leben groß gehalten. Mithilfe der jährlichen Hungerspiele - der Name der Nation spielt auf "panem et circenses", Brot und Spiele, an - soll den Bewohnern die Macht des Kapitols vor Augen geführt werden. Aus jedem Distrikt müssen sich Tribute, je ein Bursche und ein Mädchen zwischen zwölf und 18 Jahren, wie adoleszente Gladiatoren einem Kampf auf Leben und Tod stellen.

Dieser wird in einem perversen, castingshowartigen Fernsehformat übertragen. Die Tribute bekommen Stylisten und kämpfen um die Gunst des Publikums - eine Nation sucht seinen Überlebenden. Unter dem Motto "Nur die Harten kommen in den Garten" steht ihr oder ihm schließlich ein behütetes Leben in Saus und Braus bevor. In Teil eins schafft es Katniss, die sich anstatt ihrer kleinen Schwester in den Kampf begibt, das Kapitol auszutricksen und mutiert in den folgenden beiden Teilen zur Galionsfigur des Freiheitskampfes.

Die amerikanische Schriftstellerin Suzanne Collins lieferte mit ihrer Roman-Trilogie die Vorlage für ein weiteres Epos, maßgeschneidert für junge Erwachsene. Wie schon zuvor in "Harry Potter" oder "Twilight" geht es um Rebellion, Liebe, Verrat, Wachstumsschmerz, Überlebenskampf.

Themen, die sich im Kleinen auch auf dem Schulhof abspielen, aufgeplustert und zugespitzt auf die Leinwand gebracht. Gut verpackt in imposante Kostüme und einen finalen Teil, der für das Kino noch einmal halbiert wird, um die Besucher ein zweites Mal zur Kasse zu bitten.

Dass der Film schon für Kinder ab zwölf Jahren freigegeben ist, wurde im Netz heftigst diskutiert, ist die Inszenierung des Todes als lapidares Beiwerk doch einigermaßen verstörend. So werden etwa Mordszenen in Zeitlupe analysiert und seziert. Vielleicht sind es aber auch gerade die Ego-Shooter-ähnlichen Kämpfe, die die Verfilmung auch für Burschen interessant macht. Ganz im Gegensatz zur Blutsauger-Schmonzette "Twilight".

Aber auch die Figur der kämpferischen und zugleich zerbrechlich-labilen Katniss Everdeen dient Mädchen perfekt als Projektionsfläche in einem verstörenden Lebensabschnitt, der sich Pubertät nennt. Dazu kommt die Dreiecksbeziehung zwischen Jugendfreund Gale (Liam Hemsworth) und Arena-Kumpel Peeta (Josh Hutcherson), die die Teenie-Herzen höherschlagen und die Einnahmen steigen lässt.

Hinter all den Plakaten und Trailern schnurrt die Marketingmaschine wie ein sattes Kätzchen im Schoße der Filmfirma. Beim Spielzeugriesen stehen die Actionfiguren in den Regalen. Die Designermarke, die die Stars ausstattet, verlangt Unsummen für ein Trainingsoutfit, in dem man schick wie Katniss schwitzen kann.

Schließlich gilt im Sport wie bei den Filmen: Wer einmal begonnen hat, will es durchziehen. Die Anziehung der Fortsetzung. Und wie sagt man so schön? Man sieht sich immer zwei Mal im Leben. Und manchmal sogar öfter.