Trotz blauen Himmels tobte gestern ein heftiges Gewitter über dem Wiener Küniglberg. Genauer gesagt: in den obersten Etagen des ORF-Zentrums. Es endete mit einem schweren Blitzschlag: Gegen vier Uhr Nachmittag gab Generaldirektor Alexander Wrabetz bekannt, dass sein Infochef Elmar Oberhauser mit sofortiger Wirkung beurlaubt sei.

Zuvor hatte es heftige, zum Teil sehr emotionell geführte Verhandlungen zwischen Mitarbeitern des Generals und dem Büro Oberhauser gegeben. In mehreren Anläufen versuchte man, zu einer Beilegung des Konfliktes zu kommen, vergeblich.

Gezeter

Vorgeschichte: Mit dem Aufstieg des bisherigen TV-Chefredakteurs Walter Amon zum Radiodirektor war der Posten auf dem Küniglberg vakant geworden. Bereits unter dem Gezeter der Parteien wurde er ausgeschrieben. Nach Ende der Frist vorige Woche stellten sich drei der Bewerber einem Hearing durch die Kollegen: Fritz Dittlbacher, Wolfgang Wagner und der ZiB2-Anchorman Armin Wolf. Letzterer galt als Wunschkandidat von Infodirektor Oberhauser.

In einer abschließenden Abstimmung votierten 49 Redakteure für Dittlbacher, Wagner und Wolf erhielten je elf Stimmen. Voten dieser Art gelten als Empfehlung für den Generalintendanten, haben aber keinen bindenden Charakter. Sehr häufig in der ORF-Geschichte haben Generaldirektoren - auch Wrabetz - durchaus gegen die Mehrheit entschieden.

Diesmal war es anders: Am Donnerstag ernannte der ORF-General Dittlbacher zum neuen Chefredakteur. Die ÖVP schäumte, sie unterstellt Dittlbacher eine gewisse SPÖ-Nähe und warf Wrabetz vor, er habe sich "mit Haut und Haaren" dem SPÖ-Diktat unterworfen.

Einmischung

Auch Informationsdirektor Elmar Oberhauser grollte. Er kanalisierte das in einem (halb)offenen Brief, den er allen Kollegen des Aktuellen Dienstes, nicht aber seinem Dienstherren zukommen ließ. Oberhauser begründete darin, warum er auf Armin Wolf, der übrigens gerade eine internationale Führungskräfteausbildung absolviert hat, gesetzt habe. Und er betonte auch, dass dies keinesfalls gegen Fritz Dittlbacher gerichtet gewesen sei.

Dann feuerte der Infodirektor mehrere Breitseiten gegen den Generalintendanten ab: Seine Vorgangsweise stelle "eine absolute Einmaligkeit" dar, schrieb Oberhauser. Die sei bereits vorher ohne ihn gefallen. Und weiter: "Ich muss eingestehen, dass ich offensichtlich nicht mehr in der Lage bin, völlig unzulässige Einmischungen, in diesem Fall von der SPÖ zu verhindern." Als "anständiger Mensch müsse er seinen Hut nehmen und gehen", aber er wolle nicht aus der Emotion heraus handeln und noch etwas nachdenken.

Das tat offenbar auch Alexander Wrabetz. Donnerstagabend schrieb er noch einen Brief an dieselben Adressaten, in dem er sowohl Ton als auch Inhalt von Oberhausers Depesche ablehnte. Er werde den "vom Informationsdirektor eingeschlagenen Weg nicht mitgehen" und versuchen, den Konflikt ruhig und sachlich zu klären.

Tags darauf legte sich Wrabetz, offenbar von seinem Kommunikations-Chef Pius Strobl beraten, auf eine härtere Linie fest: Er verlangte eine Entschuldigung von Oberhauser. Dieser lehnte eine solche ab. Worauf Wrabetz ihn zum Rücktritt aufforderte und nach dessen Verweigerung die sofortige Beurlaubung aussprach. Dem Vernehmen nach will er seinen Informationsdirektor im nächsten Stiftungsrat Mitte November zur Abwahl vorschlagen. Dazu wären 18 von 35 Stimmen notwendig.

Fetzen

Alldort flogen gestern schon via Medien die Fetzen: VP-Mann Franz Medwenitsch sprach von "Chaostagen im ORF" und sieht Wrabetz "vor den Trümmern seiner Personalpolitik". Niko Pelinka bellte zurück und warf der ÖVP "parteipolitische Taktiererei" vor.

Ein langjähriger Kenner und Chef des ORF ist entsetzt: "Die Parteien bemühen sich nicht einmal mehr um Tarnung", sagte Gerd Bacher gestern, "ihre Wünsche haben Vorrang gegenüber der Fachkundigkeit". Der Ex-General empfiehlt indes Wrabetz den sofortigen Rücktritt.