Blauwale sind die größten Säugetiere der Erde. Sie können über 30 Meter lang und an die 200 Tonnen schwer werden. Damit ist der Blauwal doppelt so lang wie ein Bus und wiegt mehr als 30 ausgewachsene Elefanten. Allein seine Zunge ist schwerer als ein Elefant, sein Herz ist in etwa so groß wie ein Auto.
Lange haben Tierschützer und Forschende um das Überleben der „sanften Riesen“ gebangt. Nachdem sie über Jahrhunderte von industriellen Walfängern gejagt wurden, gab es vor allem von den antarktischen Blauwalen nur noch wenige Hundert Tiere. Seit knapp über 50 Jahren sind die Tiere nun aber geschützt und inzwischen deuten aktuelle Forschungsergebnisse, die im Fachmagazin „Frontiers in Marine Science“ veröffentlicht wurden, darauf hin, dass sich die Population wieder erholt. Laut der Studie schwimmen die antarktischen Blauwale – die größten Tiere, die je gelebt haben – mit zunehmender Regelmäßigkeit durch das Südpolarmeer.
Dem Ruf des Wales folgen
Dies herauszufinden, war keine leichte Aufgabe: Denn trotz ihrer enormen Größe sind die Tiere im riesigen Südpolarmeer schwer zu finden. Möglich ist dies eigentlich rein über die Art und Weise, wie sie kommunizieren. Die Tiere würden sehr laute, niederfrequente Rufe ausstoßen, die mithilfe akustischer Technologie aus Hunderten von Kilometern Entfernung erkannt werden könnten, erklärte Brian Miller von der Australian Antarctic Division, der die Studie leitete. Aufgenommen habe man den sogenannten „Z-Ruf“ der Tiere, aber auch den nicht singenden „D-Ruf“. Letzterer ist nach Meinung der Forschenden ein „sozialer“ Ruf männlicher und weiblicher Wale.
Diese „Gesänge der Blauwale“ faszinieren Forschende seit Langem. Laut der Tierschutzorganisation WWF sind sie oft über Jahrzehnte konstant. Die Wale nutzen demnach unterschiedliche Kombinationen von Pulsen, Tönen und Tonhöhen. Antarktische Blauwale klängen dabei aber anders als ihre Artgenossen aus dem pazifischen Nordwesten, Populationen, die im westlichen Pazifik leben, oder Tiere, die in den Gewässern vor Chile vorkommen, schreiben die Tierschützer.
Fast 3900 Stunden abgehört
Insgesamt haben die Forscherinnen und Forscher über zwei Jahrzehnte damit verbracht, auf die unverwechselbaren Gesänge und Rufe der antarktischen Blauwale zu lauschen. Tausende Stunden Audio, die mit frei schwebenden „Sonobojen“ als „Abhörstationen“ gesammelt wurden, wurden letztendlich analysiert. Insgesamt verbrachten die Forschenden mehr als acht Monate auf sieben Reisen auf See, legten fast 150.000 Kilometer zurück und überwachten fast 3900 Stunden lang den Ton von Abhörstationen in der gesamten Antarktis. Neben den Sonobojen kamen noch Satelliten- und Videoverfolgung, Fotografie, DNA-Probeentnahmen, Drohnen und künstliche Intelligenz zum Einsatz, um ein möglichst vollständiges Bild über die Verbreitung, Häufigkeit und das Verhalten der Tiere zu zeichnen.
Laut Miller ist das Ergebnis mehr als erfreulich, denn es zeigt, dass die Zahl der Wale mindestens stabil ist, womöglich aber sogar steigt. Außerdem lässt sich aus den Daten ablesen, dass die Tiere im Sommer rund um die Antarktis wie auch in der Subantarktis verbreitet sind. Insgesamt verbringen sie rund sechs Monate im Jahr in der Nähe des Kontinents aus Eis, während sie die restliche Zeit weltweit unterwegs sind – in Richtung Norden nach Australien, aber auch bis nach Südafrika, Südamerika und sogar über den Äquator hinweg.
Vom Wal-Ruf bis zur exakten Lokalisierung
Jede Sonoboje verfügt dabei über ein sogenanntes Hydrophon, das den Ton über eine UKW-Funkverbindung in Echtzeit an das Schiff zurücksendet. Sobald Blauwalrufe erkannt werden, kann das Team den Weg zu den Walen bestimmen und dann weitere Instrumente einsetzen, um eine genaue Position zu ermitteln. „In den letzten 20 Jahren haben wir unsere Fähigkeit, diese Tiere akustisch zu lokalisieren und zu finden, wirklich verbessert“, sagte Miller. Inzwischen könnten sie die exakte Position herausfinden, sich mit ihrem Schiff in Richtung der Tiere aufmachen und sie letztendlich beobachten, fotografieren und sogar kleine Biopsien ihrer Haut und ihres Specks für weitere Untersuchungen entnehmen.
Mit der Studie hofft der Wissenschaftler, den Schutz der Tiere weiter ausbauen zu können. Außerdem will er die Bemühungen der Internationalen Walfangkommission unterstützen und mit den Datensätzen auch „ein Sprungbrett“ für zukünftige wissenschaftliche Arbeiten über die Tiere schaffen. „In jedem Fall ist der Datensatz einzigartig“, betonte auch der deutsche Walforscher Olaf Meynecke, der an der Griffith University in Australien tätig ist und nicht an der Studie beteiligt war. Die Ergebnisse würden darauf schließen lassen, dass die Blauwale in vielen Gebieten vorkommen und mit einer gewissen Konstanz. Allerdings könne man nach wie vor nicht bestimmen, wie groß die Population der Blauwale genau sei. „Dafür eignen sich die Sonobojen nicht“, meinte er.