Die österreichische Verfassung sieht keinen Stillstand in der Bundesverwaltung vor, keine langwierige Amtsübergabe. Seit Bundespräsident Alexander Van der Bellen gestern Mittag die Minister der türkis-grünen Koalition ernannt und angelobt hat, sind sie voll im Amt verantwortlich.

Das Uhrwerk der Republik tickt aber auch unter dem neuen Personal im gewohnten Takt weiter – und so finden sich die zehn ÖVP- und vier grünen Minister des Kabinetts Kurz II Mittwoch Vormittag im Bundeskanzleramt zum ersten gemeinsamen Ministerrat zusammen. Auf dem Programm dürften dabei aber noch keine großen Projekte stehen. Im Hintergrund haben die Vorarbeiten an den ersten gemeinsamen Gesetzgebungsvorhaben der neuen Partner bereits begonnen.

Bundesministeriengesetz

Die allererste Baustelle ist dabei das neue Bundesministeriengesetz: Noch gilt die alte, türkis-blaue Ressortaufteilung – Außenminister Alexander Schallenberg ist formal bis auf Weiteres auch Integrationsminister, das eigene Ministerium, in das Susanne Raab (ÖVP) einziehen wird, gibt es noch nicht.

Van der Bellen hat Raab genauso wie die designierte Europaministerin Karoline Edtstadler und Arbeits- und Familienministerin Christine Aschbacher daher vorläufig nur zu Ministerinnen ohne Portefeuille ernannt – sie sind Teil der Regierung, aber für nichts verantwortlich.
Damit sich das schnell ändert, werden ÖVP und Grüne schon am Freitag gleich nach Kurz’ Regierungserklärung eine Änderung des Bundesministeriengesetzes im Nationalrat beschließen, die die neue Ressortaufteilung fixiert.

Mammut-Ressort für Köstinger

Köstinger als Telekom-Ministerin. Nicht auszuschließen, dass es dabei noch die eine oder andere Überraschung gibt: Wie die Kleine Zeitung vorab erfahren hat, wird das Ressort von Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) doch deutlich umfangreicher als erwartet: Neben Land- und Forstwirtschaft, Wasserwirtschaft, Lebensmittelproduktion, Regionalpolitik und Tourismus wird Köstinger auch für Telekommunikation (etwa die Regulierungsbehörde RTR) und Post zuständig sein - und ebenso für die Zivildiener.

Damit ist die Kärntnerin künftig auch verantwortlich für den Ausbau der 5G- und Glasfasernetze in Österreich. Unter Köstingers Ägide soll dem Regierungsprogramm zufolge etwa ein „Fiber- und 5G-Pakt“ zwischen Bundesregierung, Telekommunikationsunternehmen und Ländern geschlossen werden – was die ÖVP nicht zuletzt als regionalpolitische Maßnahme sieht: „Wir wollen mit Breitband den ländlichen Raum auf die Überholspur bringen“, heißt es aus Köstingers Büro. „Schnelles Internet in jedem Dorf“ sowie die für den ländlichen Raum essenzielle „Sicherung der Postdienstleistung“ formuliert man dort als Ziele des Ministeriums.

Außerdem haben bereits gestern Nachmittag die Arbeiten an dem ersten türkis-grünen Budget begonnen. Der langen koalitionsfreien Zeit wegen ist für 2020 derzeit nur ein provisorisches Budget fixiert.

Steuerentlastung

Auch wenn noch keine Details bekannt sind, ist davon auszugehen, dass in den nächsten Wochen bereits die Spielräume für die ersten türkis-grünen Projekte festgelegt werden; darunter etwa die erste Steuerentlastung, deren Beschluss – mit Gültigkeit ab 2021 – Kurz am Dienstag noch „dieses Jahr“ versprochen hatte.

In diesem Projekt werden sich auch grüne Schwerpunkte finden, darunter die Ökologisierung zahlreicher Steuern –und auch die Grundlage für das günstige Öffi-Ticket für ganz Österreich soll bereits in den kommenden Wochen fixiert werden.

Personalentscheidungen

Zuletzt sind noch eine Reihe an Personalentscheidungen zu treffen: So steht noch nicht fest, wer die Generalsekretäre in den neuen Ministerien werden – jene Spitzenbeamten, die allen Mitarbeitern des jeweiligen Hauses übergeordnet sind und die Minister entlasten sollen.

Offengelassen hat die Übergangsregierung unter Brigitte Bierlein auch noch eine der wichtigsten Personalien der Republik: Bierleins eigene Nachfolge am Verfassungsgerichtshof nämlich. Die Bundesregierung muss aus bereits vorliegenden Bewerbern den Präsidenten des VfGH auswählen.
Wenn dieses Amt wie allgemein erwartet an den jetzigen Vizepräsidenten, den Steirer Christoph Grabenwarter, geht, ist ein weiterer Platz nachzubesetzen – in dem Fall haben die Grünen gute Chancen, zum ersten Mal einen Richter auf „ihrem“ Ticket in das Gremium zu schicken – gerüchteweise eine Jus-Professorin.