Vom absoluten Notstand bis hin zu einem Überangebot hat es seit Ausbruch der Pandemie rund um Schutzmasken – sowohl bei Mund-Nasen-Schutz als auch bei FFP2-Maske – schon alles gegeben. Insbesondere in den ersten Wochen, nachdem die Pandemie im Frühjahr 2020 auch Österreich erreicht hatte, war die Versorgungslücke riesig. Die Appelle der Politik, dass man sich unabhängiger von asiatischen Herstellern machen müsse, fruchteten in den Monaten darauf. Heimische Unternehmen, die kurzfristig neue Produktionslinien aufgezogen haben, wurden beklatscht. Später wurde zunehmend Unmut laut, weil die öffentliche Hand weiterhin verstärkt billig in Asien und nicht „daheim“ bestellte.

Kritik übrigens, die noch im Spätsommer auch von Hygiene Austria geäußert wurde, dem Hauptdarsteller im aktuellen rot-weiß-roten Masken-Krimi samt Betrugs- und Schwarzarbeitsvorwürfen. Die FFP2-Maske wurde Pflicht – der Absatz stieg. Dass die Firma Masken teils auch in China fertigen ließ, steht mittlerweile fest, Betrugsvorwürfe werden aber vehement bestritten. Die Handelskonzerne als Großabnehmer haben eine millionenfach eingelagerte Stückzahl bis zur Aufklärung aus dem Sortiment verbannt.

"Nachfrage Knall auf Fall eingebrochen"

Der zweite große Maskenhersteller ist mit Aventrium in Graz beheimatet. Dort zeigt man sich „enttäuscht“, wie Gründer Dominik Holzner betont. Der 29-jährige Unternehmer war im Vorjahr mit seinem Team voller Elan ins Abenteuer Maskenproduktion gestartet. „Ich war zuvor in der Eventbranche tätig, die ja nach Pandemie-Ausbruch völlig zusammengebrochen ist.“ Dass er das ein knappes Jahr später auch mit der Fertigung von FFP2-Masken erleben würde, war freilich nicht absehbar. Aber der Reihe nach.

"In einen Preisstrudel hineingezogen"

Noch vor einigen Wochen fertigten mehr als 130 Mitarbeiter in einer früheren Grazer Kaserne Masken. Der Mitarbeiterstand ist auf 60 bis 70 gesunken, dafür steht ein neues Werk in Frankfurt in den Startlöchern.Seit in Österreich Kampfpreise von maximal 59 Cent je FFP2-Maske ausgerufen wurden, „ist die Nachfrage Knall auf Fall eingebrochen, mit diesem Preis können wir in Österreich nicht kostendeckend anbieten. Es hieß ,Fressen oder sterben‘ – wir sind daran fast zugrunde gegangen“. Das sei sehr schade, „unsere Gründungsidee war ja, dass wir in Österreich für Österreich produzieren, wir sind in einen Preisstrudel hineingezogen worden“. Daher präsentiert sich die Situation einigermaßen bizarr. Denn die Masken aus Graz sind zum Exportschlager geworden, Grazer Masken gehen nach Südamerika, Deutschland, Russland, Rumänien und die USA, während hierzulande Masken aus China die Märkte fluten. Holzner berichtet von einem Kollegen, der ihn auf einen doppelseitigen Bericht einer bosnischen Zeitung hinwies. Tenor: Nirgends gibt es Masken so billig wie in Österreich. Aventrium habe die Kapazitäten zurückfahren müssen, „gerade einmal ein Prozent unserer Masken verkaufen wir am Heimmarkt, wir haben auch nie einen Regierungsauftrag in Österreich erhalten, auch bei einigen unserer Großhändler sind deshalb Arbeitsplätze weggefallen“. Holzner hofft, dass sich der Masken-Krimi, der sich rund um den Mitbewerber Hygiene Austria abspielt, zu einem „Umdenken, zu mehr Bewusstsein für österreichische Produktion führt“. Richten möchte er über den Mitbewerber nicht, hält aber fest: „Wenn bei unseren Aventrium-Masken ,made in Austria‘ draufsteht, dann gilt das auch.“

Aventrium-Produktion in Graz
Aventrium-Produktion in Graz © (c) Ballguide Nicholas Martin

Der Gesamtmarkt für FFP2-Masken ist sehr groß, Holzner spricht von rund 600.000 Stück Tagesbedarf in Österreich. Davon werden laut Handelsverband derzeit allein im heimischen Einzelhandel 500.000 täglich verkauft. Die Handelskonzerne Spar, Rewe (Billa, Merkur, Penny, Bipa, Adeg), Hofer und andere hatten mehrere Millionen Masken von Hygiene Austria in Umlauf gebracht. Die Bundesbeschaffungsgesellschaft (BBG) bezog Masken für Behörden und staatsnahe Betriebe.

"Dann sind wir alle betrogen worden . . .“

Die Politik geht in Deckung. Alle verlangten, dass die Pflichtmaske leistbar ist. Alle wünschten sich eine Produktion in Österreich. Keiner will die Verantwortung dafür übernehmen, dass etwas schiefging. Auch nicht der Kanzler, der wissen ließ: „Wenn es Betrug gibt, sind wir alle betrogen worden.“

Der Corona-Untersuchungsausschuss soll klären, warum österreichische Unternehmen nicht mit der Produktion der Gratismasken für über 65-Jährige beauftragt wurden. Die Antwort liegt auf der Hand: Der Preis sprach für die Chinesen.

Und das Parlament will Schadenersatz für Masken „made in Austria“, die sich als Kuckucksei erwiesen.