Ein vollkommener Triumph der regierenden Konservativen, ein kompletter Untergang der Sozialdemokraten. So wird in Kroatien einstimmig das Resultat der Parlamentswahl vom Sonntag gedeutet. Anders als die Umfragen es vorhergesagt haben, wird nun erwartet, dass der bisherige Premier Andrej Plenkovic mit seiner Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft (HDZ) schnell eine neue Regierung formieren wird.

Die HDZ erreichte 66 von 151 Mandaten im kroatischen Sabor (Parlament). Sie gewann in acht von insgesamt zehn Wahlkreisen sowie auch in der Diaspora, zeigt das vorläufige Wahlergebnis. Das ist das stärkste Resultat für die HDZ seit der Wahl im Jahr 2003. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gratulierte seinem Parteikollegen aus der Europäischen Volkspartei (EVP) zu dem "klaren Sieg".

"Corona-Bonus"

Für die HDZ zahlte es sich aus, die eigentlich für Herbst angesetzte Wahl wegen der Corona-Pandemie um einige Monate vorzuziehen. Das Kalkül Plenkovics sei aufgegangen, die Wahl noch vor der erwarteten zweiten Welle und auch vor negativen wirtschaftlichen Auswirkungen des Lockdowns durchzuführen, kommentierte der Politologe Viseslav Raos gegenüber dem Privatsender RTL.

Im Wahlkampf baute die HDZ ihre Kampagne auf der erfolgreichen Bekämpfung der Pandemie und auf ihrer Erfahrung auf. "Sicheres Kroatien", lautete ihr Wahlkampfslogan. Paradoxerweise spielten die Corona-Pandemie und die befürchtete Wirtschaftskrise der HDZ in die Hände, kommentierte das Nachrichtenportal "Index.hr". "Die Wähler haben entschieden, in einer solchen Situation lieber auf das Sichere und Bekannte zu setzen", hieß es. Das schien auch die Korruptionsaffären, in die sich immer wieder HDZ-Mitglieder und sogar ihre Minister verwickelt haben, in den Hintergrund gerückt zu haben. "Für die Bürger war die Sicherheit in Zeiten von großer Ungewissheit wegen des Coronavirus wichtiger als das Gefühl der Unzufriedenheit, weil sie weiterhin in einem Land leben, das von Korruption und Klientelismus geprägt ist", so die Tageszeitung "Jutarnji list".

Entgegen der Prognosen wird die HDZ bei der Regierungsbildung nicht auf die neue rechtsextreme "Bürgerbewegung" (Domovinski pokret) des nationalistischen Sängers Miroslav Skoro angewiesen sein. Unterstützt von HDZ-Abtrünnigen, denen Plenkovic die Partei zu sehr in die politische Mitte geführt hatte, kam Skoro auf Anhieb auf 16 Mandate. Obwohl die "Bürgerbewegung" damit zur drittstärksten Kraft aufstieg, blieb sie stark hinter eigenen Erwartungen. Gehandelt als Königsmacher hatte die Partei im Wahlkampf Bedingungen für Kooperation mit HDZ gestellt, unter anderem wollte sie Plenkovic nicht als Regierungschef sehen.

Nun hat sich der Spieß gedreht: es ist Plenkovic, der Bedingungen stellen kann. Die HDZ könnte auch ohne einen Juniorpartner regieren. Allein mit dem bisherigen Koalitionspartner, der liberalen Volkspartei (HNS), den acht Minderheitenvertretern und den liberalen Reformisten kommt sie knapp über die absolute Mehrheit von 76 Stimmen im Sabor. Die HNS ergatterte ein Mandat und schrammte damit am erwarteten Rauswurf aus dem Parlament vorbei. Und die Reformisten, die ebenfalls ein Mandat halten, hatten die Regierung schon bisher unterstützt. Die größte Frage ist nun, ob Plenkovic mit einer solchen Mehrheit zufrieden ist oder doch eine breitere Koalition anstreben wird. Politikexperten erwarten eine rasche Regierungsbildung und eine stabile Regierung.

Bei den Sozialdemokraten (SDP), die gemeinsam mit ihren Partnern in dem links-liberalen Oppositionsbündnis Restart, eine schwere Niederlage erlitten haben, hat der Parteichef Davor Bernardic bereits Konsequenzen gezogen. Am Montag zog er sich von der Führung der Partei zurück und will bei den bevorstehenden innenparteilichen Wahlen, die bei SDP immer nach Parlamentswahlen stattfinden, nicht für den Vorsitz kandidieren. Wie er betonte, trage der Parteichef immer die größte Verantwortung für das Wahlergebnis. Die Restart-Koalition erreichte nur 41 Mandate.

Umfragen

Umfragen vor der Wahl hatten ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden Großparteien vorhergesagt, vereinzelt lag sogar die Restart-Koalition vorne. Der Politologe Raos schreibt das schlechte Ergebnis einerseits der Wahlkampagne zu, die die Wähler links vom Zentrum ungenügend motiviert habe. Als Problem erwies sich anderseits die Zusammenstellung der Wahllisten. Bernardic stellte ihm loyale Kandidaten vor einigen prominenteren SDP-Politikern auf.

Zu einem weiteren Problem wurde für die SDP eine starke Alternative im linken Lager. Das links-grüne Bündnis Mozemo ("Wir schaffen das") wurde als die größte Überraschung dieser Wahl angesehen. Sieben Mandate, die es nun im Parlament halten wird, übertraf alle Erwartungen. Mozemo hat laut Politikexperten nicht nur unzufriedene Wähler von Restart angelockt, sondern auch eine große Zahl von Wählern, die bisher überhaupt nicht gewählt haben, angesprochen - und das bei einer sehr niedrigen Wahlbeteiligung. Mit Mozemo wird erstmals in der Geschichte Kroatiens eine grüne Partei im Sabor vertreten sein.

Neu ins Parlament zieht auch eine zentristisch-liberale Wahlkoalition mit drei Mandaten ein, angeführt von der "Stranka s imenom i prezimenom" (Partei mit Vor- und Nachnamen). Das Bündnis dreier liberaler Parteien hätte laut Politikexperten noch ein besseres Resultat erzielen können, hätten sie sich schon früher verbunden.

Als Erfolg wird auch das Resultat der bürgerlichen Anti-Establishment-Partei Most (Brücke) gedeutet, die zu Beginn des Wahlkampfes schon abgeschrieben worden war. Die einst drittstärkste Kraft erreichte nach einer personellen Neuaufstellung acht Mandate.

Die Wahlbeteiligung war mit 46,9 Prozent die niedrigste in der kroatischen Geschichte, was teilweise auf die Corona-Pandemie zurückgeführt wurde. Bei der vergangenen Wahl im Jahr 2016 lag sie bei knapp 52,6 Prozent.