Der Entschluss, aus dem 1900 eröffneten Landespflegeheim ein Asylquartier zu machen, beschäftigt das obersteirische Kindberg und seine 8200 Einwohner seit Juli des Vorjahres. Über Monate hinweg hielt sich das Gebäude, das seit 2018 leer stand und auf eine Nachnutzung wartete, in den Schlagzeilen, ehe am 7. Februar die ersten 18 Asylwerber einzogen. Weitere 13 folgten seitdem. Mit Stand vom Freitag wohnen 31 Personen im früheren Pflegeheim, es handelt sich dabei um "vulnerable" Asylwerber und ihre Familienmitglieder. Doch wie hat sich das Leben der Bevölkerung seitdem verändert?

Eine Antwort auf diese Frage zu bekommen, ist alles andere als einfach, das zeigt Freitagmittag ein Besuch in einem innerstädtischen Kaffeehaus: "Kein Kommentar." Äußern will sich kaum jemand, zu heikel ist das Thema Asyl. Und zu ungewiss die Zukunft. "Man weiß ja überhaupt nicht, was passiert, wenn wieder mehr Flüchtlinge über die Grenze kommen", sagt ein Kindberger zur Kleinen Zeitung. Bei 31 Bewohnern, das ist fix, wird es nicht bleiben. Das Innenministerium und die BBU, die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, haben eine Höchstzahl von 250 ausgegeben.

Zweifel an den Versprechen

Dass diese Grenze hält, daran zweifeln viele Kindberger nach wie vor, weil das Gebäude mit 9470 Quadratmetern Nutzfläche wohl auch mehr Flüchtlinge aufnehmen könnte. "Man spürt die Verunsicherung. Vor allem bei jenen, die direkt daneben wohnen", meint FPÖ-Gemeinderätin Eva Hechtner. Ein Anrainer sagt gegenüber der Kleinen Zeitung das, was sich wohl viele denken: "Angst habe ich keine. Es wäre mir aber lieber, wenn das Heim nicht hier wäre." Für ein erstes Fazit, meint auch Hechtner, sei es aber noch zu früh.

Deshalb ist es aktuell vor allem die Gefühlsebene, die vom Asylquartier auf eine Probe gestellt wird. Verstärkt wird die Verunsicherung durch Gerüchte, die kursieren. Von Einbrüchen und Diebstählen in Lebensmittelmärkten ist zu hören, Zusammenhang mit dem Asylquartier gibt es aber keinen, bestätigt die Landespolizeidirektion: "Bei der zuständigen Dienststelle Kindberg scheinen bislang keine polizeilich relevanten Vorfälle im Zusammenhang mit dem Asylquartier auf." Auch Bürgermeister Christian Sander sieht aktuell "keinen Grund zur Aufregung".

Dass derartige Geschichten immer wieder die Runde machen werden, ist auch der BBU bewusst. Mittels Barcode wird deshalb das Kommen und Gehen jedes Bewohners registriert: "Es gibt im Heim klare Regeln. Halten sich die Bewohner nicht daran, schaden sie ihrem eigenen Asylverfahren."

Im Alltag kaum wahrnehmbar

Im Alltag sind die Asylwerber, auch aufgrund der kalten Jahreszeit, noch kaum präsent, nur hin und wieder sehe man einen auf der Straße. Auch das eingezäunte Grundstück ist wenig belebt. "Das hat auch damit zu tun, dass sie auf der Ostseite des Gebäudes wohnen", sagt Sander. Dort gibt es keine direkten Nachbarn, sondern eine 60 Meter breite Wiese. Frühestens im kommenden Jahr hätte ein regionales Unternehmen hier Wohnbau betreiben sollen. Ob es dazu kommt, ist auch in Anbetracht der Teuerungen auf dem Bausektor mehr als fraglich.

Die Asylwerber sind vor allem im Osttrakt untergebracht
Die Asylwerber sind vor allem im Osttrakt untergebracht © Marco Mitterböck

Doch zurück ins Innere des Gebäudes, wo sich ein Großteil des Alltags abspielt, die Bewohner bei der Reinigung und Essensausgabe mitanpacken oder Wertekurse besuchen. Was dort gelehrt wird, erklärt die BBU: "Da geht es etwa darum, nicht zu fünft einen Gehweg zu versperren, wenn jemand vorbeigehen will." Es sind Details wie diese, die wohl darüber entscheiden werden, wie die Kindberger das Asylheim wahrnehmen werden, wenn das Wetter besser und die Zahl der Bewohner größer sein wird.

Wann – und ob überhaupt – die Unsicherheit der Gewissheit weicht, wird aber erst die Zeit zeigen. Denn eines ist auch klar: Der Vertrag für das Heim kann frühestens nach fünf Jahren gekündigt werden.