Nach der Ankündigung hoher Schutzzölle für Stahl durch US-Präsident Donald Trump holt die Europäische Union zum Gegenschlag aus. In Vorbereitung seien Strafzölle auf typisch amerikanische Produkte wie Bourbon-Whiskey, Harley-Davidson-Motorräder oder Levi's-Jeans, sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nach Angaben einer Sprecherin am Freitag in Hamburg.

Indes regt sich auch innerhalb der USA heftiger Widerstand gegen Trump und seine Pläne. Der IWF wies darauf hin, dass die Zölle das produzierende Gewerbe und die Bauwirtschaft in den USA selbst treffen würden. Besorgt ist er zudem, dass nun auch andere Länder unter Berufung auf nationale Sicherheitsinteressen zu groß angelegten Importbeschränkungen greifen könnten. China kritisierte die Pläne als unbegründet. Der deutsche Mittelstand-Verbandspräsident Mario Ohoven erklärte, nicht nur deutsche Stahlfirmen würden die US-Beschränkungen treffen, sondern auch viele Mittelständler. 

Die EU werde nicht tatenlos zusehen, wenn Unternehmen und Arbeitsplätze in Europa bedroht seien, sagte Juncker den Angaben zufolge. Europa brauche "eine wehrhafte Handelspolitik", so Juncker. "Wir werden nicht naiv sein." Junckers Stellvertreter Jyrki Katainen äußerte unterdessen die Hoffnung, dass ein Handelskrieg mit den USA noch vermieden werden könne. Es bleibe ein "kleines Zeitfenster", sagte Katainen. Trump habe noch keine Anordnung für Strafzölle unterzeichnet. "Deshalb hoffen wir, dass er seine Absichten noch einmal überdenkt", sagte Katainen.

"Welt steht kurz vor Handelskrieg"

US-Präsident Donald Trumphatte am Donnerstag Zölle im Stahl- und Aluminium-Bereich angekündigt, um die US-Industrie zu schützen. Bei Stahl sollen 25 Prozent auf den Import aufgeschlagen werden, bei Aluminium zehn Prozent. Trump will damit US-Unternehmen vor Konkurrenz schützen und so neue Jobs schaffen.

EU-Vizekommissionspräsident Katainen warnte, die Welt stehe kurz vor einem allgemeinen Handelskrieg - "und in einem solchen Krieg gibt es nur Verlierer und keine Sieger". Brüssel werde jedoch keine "einseitigen Handlungen gegen uns und den Rest der Welt akzeptieren". Die von der EU vorbereiteten Gegenmaßnahmen entsprächen den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) und sollten von ihrem Umfang her die durch die US-Strafzölle verursachten Verluste für die europäische Industrie ausgleichen.

"Ernsthafte Folgen für die Welthandelsordnung"

"Wir wollen diese Maßnahmen nicht in Kraft setzen, aber wenn die USA ihren engen Verbündeten absichtlich schaden wollen, müssen wir reagieren", betonte Katainen. Er kündigte zugleich an, mit anderen von den US-Strafzöllen betroffenen Staaten einschließlich Chinas Kontakt aufzunehmen, um gemeinsam Klage bei der WTO einzureichen.

Ein Sprecher des Internationalen Währungsfonds (IWF) erklärte, die Strafzölle würden voraussichtlich auch der Wirtschaft in den USA selbst schaden. Der IWF fürchte, dass nun auch andere Länder ebenso wie die USA Gründe der nationalen Sicherheit anführen könnten, um weitreichende Handelsbeschränkungen zu verhängen. China warnte ebenfalls vor "ernsthaften Folgen für die Welthandelsordnung". Russland äußerte sich "besorgt".

Auch die deutsche Regierung reagierte mit harscher Kritik: "Diese Zölle würden die internationalen Handelsströme unserer Stahl- und Aluminiumindustrie empfindlich treffen", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Das Problem weltweiter Überkapazitäten bei Stahl und Aluminium lasse sich durch "einseitige Maßnahmen der USA nicht lösen".

Trump: "Handelskriege gut und einfach zu gewinnen"

Selbst im eigenen Land erntete der Präsident Widerspruch: Notenbankchef Jerome Powell etwa erklärte, Zölle seien nicht der beste Weg. Generell habe Handel positive Folgen für die eigene Wirtschaft. Trumps eigener Wirtschaftsberater Gary Cohn habe gegen die Zölle argumentiert, hieß es in Washington.

Trump konterte mit Trotz: "Wenn ein Land viele Milliarden Dollar im Handel mit quasi jedem Land verliert, mit dem es Geschäfte macht, sind Handelskriege gut, und einfach zu gewinnen", schrieb er im Kurzbotschaftendienst Twitter.

Widerstand innerhalb der US-Wirtschaft

In der US-Wirtschaft formiert sich Widerstand gegen die von Präsident Donald Trump angekündigten Schutzzölle auf Stahl- und Aluminium-Importe. Äußerungen von Vertretern großer Handels- und Branchenverbände deuteten am Freitag darauf hin, dass hinter den Kulissen bereits daran gearbeitet wird, die Regierung von Ausnahmen oder einem Abmildern der Pläne zu überzeugen.

Die deutlichste Kritik kam aus der Dosen-Industrie. "Wie die meisten Brauer verkaufen auch wir eine wachsende Menge Bier in Aluminiumdosen, und dieses Vorhaben wird zu steigenden Aluminiumpreisen und wahrscheinlich zu Jobverlusten in der gesamten Bierbranche führen", sagte ein Sprecher des Brauereikonzerns MillerCoors.

Sorge um Dosen-Preis

Die Zoll-Gegner unter den Unternehmen treibt die Furcht vor höheren Kosten und Engpässen bei der Belieferung mit Stahl und Aluminium um. Die Dosen-Hersteller wollen in der kommenden Woche Druck auf Abgeordnete und Regierungsvertreter ausüben. Zumal die Zoll-Pläne auch im Trump-Lager umstritten sind.

Denn während sich etwa Handelsminister Wilbur Ross und Trumps Handelsberater Peter Navarro für die härtere Gangart aussprachen, lehnen unter anderem Finanzminister Steven Mnuchin und der Chef des Nationalen Wirtschaftsrates, Gary Cohn, sie ab. Ross sei nicht klar, dass ein paar Cent bei der Menge an Dosen für Getränke, Suppen und andere Lebensmittel viel Geld sei, sagte der Verbandspräsident der Dosenfabrikanten, Robert Budway.

Warnungen auch aus der Autoindustrie

Auch aus der Autoindustrie gibt es Warnungen vor Preiserhöhungen wegen der Schutzzölle. Dadurch würden nicht nur die Verbraucher belastet, sondern dies schade auch der Wettbewerbsfähigkeit der amerikanischen Hersteller, erklärte etwa Ford.

Laut einem führenden Vertreter eines Industrieverbandes, der namentlich nicht genannt werden wollte, versuchen die Unternehmen, Trump von seinen Plänen abzubringen, bevor er sie in der kommenden Woche in Kraft setzt. Dazu werde hinter den Kulissen alles aufgefahren. Allerdings würden die Erfolgsaussichten wegen der derzeitigen Dynamik im Präsidialamt aber eher pessimistisch eingeschätzt.

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