Ein Blick ins eigene Umfeld genügt: Der Arbeitsplatz ist ein Treffpunkt der Generationen. Die in Würde ergrauten Routiniers da, die ungestümen Neueinsteiger dort – und dazwischen alle Spielarten von in der Mitte des Lebens angekommenen Pragmatikern und Revoluzzern, Faulen und Fleißigen, Traditionalisten und Innovationsjunkies, fein aufgeteilt in starren Hierarchieebenen oder fluiden Projektzuständigkeiten. Die Herausforderung für die Chefetage: So zu führen, dass untereinander Verständnis und Wertschätzung herrschen. Nicht einfach, in einer Zeit, in der bis zu vier Generationen parallel im Erwerbsleben stehen.

Da tun sich automatisch Gräben auf. Denn alle zehn bis 15 Jahre lässt sich ein Phänomen erkennen, das die Psychologie als Intergenerationendifferenz bezeichnet: Ausgehend von Gesellschafts- und Erziehungstrends, globalen Veränderungen und technologischen Innovationen und politischen und privaten Umständen ergeben sich gravierende Unterschiede in Umgangsformen, Werten und Zielen, Sichtweisen und Erwartungen an das, was man als „richtiges Leben“ definiert. Dieser angelegte Maßstab verbindet Menschen bestimmter Altersgruppen – und entfremdet sie von älteren und jüngeren Generationen. Am Arbeitsplatz kann das zu Irritationen führen.

„Man wirft sich gegenseitig Stehsätze an den Kopf . . .“

Das ist keine Neuentwicklung, aber zwischen der sogenannten Generation X und den zwischen 1980 und 1994 geborenen „Millenials“ sei der Unterschied besonders gravierend, analysiert Eva Novak. Die Unternehmensberaterin und Spezialistin für Personal- und Organisationsentwicklung nennt als Grund zum einen die Sozialisierung durch neue Technologie- und Kommunikationstrends (Internet, Social Media), zum anderen den Wandel am Arbeitsmarkt, der aufgrund der Überalterung der Gesellschaft von einem Arbeitgeber- zu einem Arbeitnehmermarkt geworden ist. Es gelten andere Spielregeln.

Unternehmensberaterin Eva Novak
Unternehmensberaterin Eva Novak © Novak

„Die Generation Y ist mit dem Selbstverständnis aufgewachsen, gefragt und eingebunden zu werden, auch ,Nein‘ zu sagen oder nach dem ,Warum‘ zu fragen“, so Novak. Mit diesem Verhalten treffen sie auf Vorgesetzte aus der Babyboomer-Kaste, die in autoritär geprägten Hierarchien Karriere gemacht haben oder – trotz ausgeprägterem Individualismus – Statussymbol-orientierte „GenZis“. Die Folge: Es kracht. „Man wirft sich gegenseitig Stehsätze an den Kopf, die zwar immer ein Stück wahr sind, ist aber nicht bereit, das eigene Verhalten zu reflektieren und entsprechend zu reagieren“, so Novak.

Sie empfiehlt stattdessen eine Abkehr von der Emotion und die Hinwendung zu Fakten sowie ein Aufbrechen alter Kommunikations- und Denkmuster. Ältere sollten sich fragen, was die Jungen heute haben, was sie selbst nicht hatten – und ob sie nicht unter den aktuellen Bedingungen gleich agieren würden. Und die Jüngeren sollten sich fragen, was den Älteren früher nicht zu Verfügung stand und ob dadurch deren Haltung verständlich wird.

„Unterstützendes Leadership“

Um das Potenzial altersgemischter Teams nutzen zu können, brauche es ein unterstützendes statt senioritätsorientiertes Leadership, eine klare Definition der gewünschten Führungskultur und ein Verstehen, dass der Wunsch nach Teilzeit nicht zwingend Hunger nach mehr Freizeit, sondern mehr „Anderszeit“ im Sinne mehrgleisiger Berufskarrieren bedeuten kann. On- und Offboardingprozesse, so Novak, sollten proaktiv im Wissen um geänderte Karriereverläufe, weniger Loyalität und mehr Flexibilität gestaltet werden. Stattdessen werden aber weiterhin Selbstverständlichkeiten als „Goodies“ verkauft. Fehlt aber das Verständnis füreinander, bleibt auch das Verhältnis zueinander gestört.