"Crunch Time" im Eishockey bedeutet, dass es ums Eingemachte geht. Wie in der Schlussminute eines siebenten Finalspiels: eine Mannschaft liegt mit einem Tor Vorsprung in Führung - versucht in den verbleibenden 60 Sekunden unter allen Umständen einen Gegentreffer zu verhindern, der Titel ist zum Greifen nahe. Die andere Mannschaft packt die Brechstange aus, unternimmt alles, um beim Gegner den Puck über die Torlinie zu drücken. So in etwa sieht es derzeit in der heimischen Eishockey-Liga bei Black Wings Linz gegen den abgespalteten EV Linz aus.

Die heutige Liga-Sitzung bedeutet also "Showdown" der beiden zurütteten Parteien (und einstiger Partner). Peter Freunschlag, Black Wings Linz-Zampano, gegen seine ehemaligen Vize-Präsidenten Peter Matausch, Peter Zauner und Karl Egger. Ihr neuer Verein EV Linz wird von Präsidentin Kristine Egger sowie dem übergelaufenen Geschäftsführer Christian Perthaler angeführt. Zehn Klubs (Liga-Mitglied Znaim unterliegt Stichtagsfrage), also ohne Neo-Mitglied Bratislava Capitals, stimmen über den Aufnahmeantrag von EV Linz ab. Und nach der öffentlich ausgetragenen Schlammschlacht wäre es ein Wunder, würde Freunschlag für den Stadtrivalen Partei ergreifen. Der neue Klub bräuchte aber ohnehin eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Diese zu erhalten scheint nach Stand Dienstag Abend außer Reichweite. Schon im Vorfeld positionierten sich die Klub-Manager, dass ein zweiter Linzer Klub eine Schnapsidee sei.

Mehrheit steht zu Freunschlag

Ob diese Entscheidung rational ausfällt? Die neue Gruppe soll über große finanzielle Möglichkeiten verfügen, auf einem wirtschaftlich soliden Fundament stehen. Und ihrer Erfahrung beim alten Linzer Klub nach, keine kompletten Eishockey-Newcomer sein. Innerhalb der Liga herrscht die Befürchtung, dass durch Abzug der größten Sponsoren von den Black Wings zum neuen Klub, in Zukunft sogar der Standort Linz gefährdet sein könnte. Dennoch stehen viele Liga-Konkurrenten zu ihrem alten, loyalen Geschäftspartner Freunschlag, wie es vereinzelt heißt. Noch.

Die möglichen Gründe dafür mögen trivial klingen und haben weniger mit Loyalität zu tun. Eher mit Selbstschutz. Einige Vereine wollen sich ganz österreich-like der Stimme enthalten. Ein zusätzlicher österreichischer Konkurrent könnte den ohnehin sehr dünnen Markt an heimischen Akteuren (2019/20 waren trotz neu-beschlossener Beschränkung nicht weniger als 93 Imports bei acht heimischen Klubs angestellt) auf den Kopf stellen. Diesen Befürchtungen tritt EV Linz-Sprecher Stefan Illek entschieden entgegen: "Wir würden 99 Prozent des aktuellen Black Wings Linz-Kaders übernehmen. Und nicht den Schwerpunkt darauf setzen, österreichische Spieler von anderen österreichischen Klubs abzuwerben."

Ex-Spieler klagen Black Wings

Zusätzlichen Sprengstoff für diese richtungsweisende Liga-Sitzung, samt Präsentation von EV Linz und Bratislava Capitals sowie Abstimmung mittels Umlaufbeschluss binnen 24 Stunden, birgt allerdings ein anhängiges Gerichtsverfahren der Black Wings Linz. Wie Amalia Berger-Lehner, Sprecherin des Landesgerichts Linz bestätigt, findet am 7. Juli 2020 im "Saal 416" ein arbeitsgerichtliches Verfahren gegen die Black Wings Profis GmbH statt. Gut informierten Kreisen zufolge sollen Spieler wie Jeff Glass, Steve Oleksy und Troy Rutkowski sowie Trainer Tom Rowe ihre Gehälter nicht vollständig erhalten haben und zivilrechtlich klagen. Und das wiederum könnte zu weitreichenden Konsequenzen führen. Laut Liga-Statuten ("Beendigung der Mitgliedschaft", §5 Abs.3) sogar zu einem Ausschluss eines Klubs. Denn bei wiederholt ausständigen Gehältern sowie arbeitsrechtlichen Verfehlungen sei ein solcher Ausschluss möglich, heißt es darin.

Wer in Linz also stürmt und wer verteidigt sollte damit klar sein. Die anderen Klubs und damit die Liga-Besitzer haben in dieser Causa allerdings lange genug die Rolle eines unbeteiligten Zusehers eingenommen. Dies führte zu einer peinlichen, öffentlichen Seifenoper und einem damit verbundenen Schaden hinsichtlich Reputation im heimischen Eishockey. Die Liga-Sitzung am Mittwoch birgt jedenfalls enormen Sprengstoff. Wie es eben so ist, wenn es "Crunch Time" heißt.