Bundeskanzler Sebastian Kurz verkündete nach dem Corona-Gipfel mit den Landeshauptleuten und den Virologen in einer Pressekonferenz: "Wir sind auf den letzten Metern, die Freiheit ist in Sicht." Der Kanzler bestätigte, was die Kleinen Zeitung heute früh zu vermelden wusste: Im Laufe des Monats Mai sollen vorsichtige Öffnungsschritte in Kraft treten. Anders als im Frühjahr 2020 sollen die Bereiche nicht hintereinander, sondern gleichzeitig öffnen. Das betrifft den Handel genauso wie die Gastronomie, den Sport, den Tourismus, die Kultur. Alle Maßnahmen werden nur unter strengsten Auflagen erfolgen, dazu zählen Tests genauso wie Masken, der grüne Pass, Abstandsregeln und andere Schritte. In seinem Statement übte Kurz indirekte Kritik an SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. "Wer den Weltuntergang vorhergesagt hat und einen Lockdown gefordert hat, hat Unrecht behalten." Vizekanzler Werner Kogler nahm den Ball auf: "Wir sind auf den letzten Kilometern, manche reden von den letzten Metern. Gemeinsam schaffen wir das." Erfreuliches hatte Kurz für Lehrer und Polizei zu berichten. Bis Ende des Monats würden diese beiden Berufsgruppen durchgeimpft sein. Dazu helfen 100.000 Pfizer-Dosen, die noch im April kommen sollen. 300.000 folgen im Mai, 600.000 im Juni.

Der Vizerektor der Wiener Uni Oswald Wagner ging auf die jüngsten Prognosen der Corona-Kommission ein, die einen Rückgang aller Kennzahlen vorhersagt. Der Lockdown Ost sei erfolgreich gewesen. Dass sich die Menschen an solche drastischen Maßnahmen nicht halten, stimme einfach nicht. Bei den Öffnungen mahnen die Experten zur Vorsicht: "Bitte nicht übermütig werden." Wagner verweist auf das Impfparadoxon, dass sich die Menschen nach einer Impfung in Sicherheit wiegen, zu unvorsichtig sind und so die nächste Welle auslösen. 

Trendwende bei den Infektionszahlen

Die Ampelkommission hatte am Donnerstag - mit Ausnahme Vorarlbergs - zwar den Höhepunkt der aktuellen Welle erreicht gesehen. Sie wiederholte aber ihre Empfehlung, die notwendigen präventiven Maßnahmen zur Kontaktreduktion sowie regelmäßige, flächendeckende Testungen zu forcieren und begrüßte ausdrücklich die Beibehaltung der präventiven Maßnahmen, die für die Bundesländer Wien und Niederösterreich beschlossen wurde.

Am Donnerstag hat auch die von der Regierung eingerichtete Öffnungskommission, die über Lockerungen mancher Coronamaßnahmen berät, ihre Arbeit aufgenommen. Den Ländern soll nun daraus berichtet werden. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hatte sich nach der Sitzung in seiner Funktion als Städtebund-Präsident für eine österreichweit einheitliche Strategie für behutsame Öffnungen ausgesprochen, basierend auf österreichweiten Kennzahlen.

Ähnlich sah das am Freitag auch Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer, der solche ab Mai einforderte. "Regional differenzierte größere Öffnungsschritte sehe ich kritisch, das würde zu einem chaotischen Gastro- und Kulturtourismus führen, gerade für Oberösterreich mit der geografischen Lage. Wir sollten als Republik gemeinsam diese Schritte gehen", erklärte er.

Auch Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) drängte in Richtung Öffnung. Es sei "entscheidend", dass es zu solchen Schritten komme, auch damit sich der Wirtschaftsstandort Tirol erholen könne, sagte er bei einer Pressekonferenz in Innsbruck. Aus Niederösterreich kam der Ruf nach einem früheren Ende der Ausreisetests.

Das Burgenland ist beim Video-Gipfel durch Landesrat Leonhard Schneemann (SPÖ) vertreten. Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) hatte am Mittwoch für sein Bundesland die Lockerungen für Handel und Schulen unter Sicherheitsvorkehrungen bekannt gegeben. Darüber hinaus werde es eine Intensivierung der Tests und eine wissenschaftliche Begleitung in den zwei Testregionen Parndorf und Neusiedl am See geben. Beim Bund-Länder-Gespräch will Schneemann die Linie des Burgenlands bekräftigen, hieß es zur APA im Vorfeld.

Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) meinte vor der Sitzung, es sollte möglich sein, der Bevölkerung "eine konkrete Perspektive für die kommenden Wochen und Monate" zu geben - und zwar sowohl was Lockerungen, als auch was Verschärfungen betrifft. Erneut verwies Kaiser darauf, dass der Blick nicht allein auf die Inzidenzen gerichtet werden soll, sondern auch auf die Intensivbettenauslastung, die Schwere der Krankheitsverläufe, die Erfolgsquote beim Contact Tracing oder die Durchimpfungsrate. Prinzipiell sprach sich Kaiser wieder für "vorsichtige, streng kontrollierte und kontrollierbare Öffnungen" aus. Es gelte das Motto: "Lieber draußen, getestet und kontrollierbar, als ungetestet und unkontrollierbar im privaten Innenbereich."

Der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) hat sich im Vorfeld des heutigen Gipfels für Öffnungsschritte ausgesprochen – allerdings nur, wenn sie wissenschaftlich und virologisch vertretbar sind. Man begrüße jede weitere Öffnung, nicht aber um jeden Preis, sagte LH-Sprecher Christian Pucher am Freitag zur APA. "Nicht, dass uns die Infektionszahlen in einem Monat wieder um die Ohren fliegen."