Der letzte Tag vor der bald zu erwartenden Urteilsverkündung im Buwog-Prozess rund um Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und 14 weitere Angeklagte war „letzten Worten“ gewidmet. „Nach elf Jahren des Ermittlungsverfahrens ist leider Gottes klar, dass meine Reputation, mein Ruf völlig ruiniert sind“, lautete das Prozess-Fazit des Erstangeklagten Grasser. „Ich bin unschuldig, ich habe nichts Unrechtes getan und ich hoffe auf Ihr gerechtes Urteil.“

Ähnlich sieht das Walter Meischberger: „Elf Jahre meines Lebens kann mir niemand zurückgeben, aber vielleicht meine Reputation und meinen guten Namen.“ Ex-Lobbyist Peter Hochegger gestand jedoch ein, „in einem Korruptionsbiotop“ mitgearbeitet zu haben. Bis auf ihn und einen weiteren Angeklagten beteuerten alle ihre Unschuld.

"Tatplan" der "Viererbande"

Die Staatsanwaltschaft sieht das anders. Im Zentrum des „Jahrhundertprozesses“, wie Grasser-Anwalt Manfred Ainedter das Verfahren bezeichnet, steht folgende Annahme: Grasser soll gemeinsam mit Meischberger, Hochegger und Ex-Immobilienmakler Ernst Plech einen „Tatplan“ erstellt haben, um von Grassers Zeit als Finanzminister zu profitieren. Beim Verkauf der Bundeswohnungen im Jahr 2004 soll Grasser im Bieterverfahren geheime Informationen weitergegeben haben, damit „die Viererbande“ eine Provision von 9,6 Millionen Euro „einkassieren“ kann. So formulieren es die Staatsanwälte.

200.000 Euro seien bei der Einmietung der Finanz in den Terminal Tower in Linz geflossen, auch hier soll Grasser profitiert haben. Aufgeteilt habe man sich das Geld über komplexe Firmen- und Kontokonstruktionen. Grasser und Meischberger bestreiten diesen Vorwurf seit Beginn des Prozesses, Hochegger hat jedoch ein Teilgeständnis abgelegt und seine beiden Mitangeklagten damit schwer belastet.


Im Laufe des Verfahrens wurden noch zwei weitere Causen inkludiert. Eine Anklage zu schwarzen Kassen der Telekom Austria, die es bei Hocheggers Valora-Gesellschaft gegeben haben soll. Und eine Anklage gegen Meischberger, der beim Verkauf seiner Villa betrogen haben soll.
150 Zeugen wurden seit Prozessbeginn im Dezember 2017 befragt, zwei davon haben vor allem Grasser schwer belastet. Dessen Anwälte sehen darin eine „Vendetta“ ohne Wahrheitsgehalt gegen ihren Mandanten.

Rosen für die Richterin

Mehr Gefallen haben sie im Laufe des Prozesses an Richterin Marion Hohenecker gefunden. Hatten sie diese zu Prozessbeginn noch aus Befangenheitsgründen absetzen wollen, streuten sie ihr – gemeinsam mit den Angeklagten – in der letzten Verhandlungswoche Rosen. Sie habe das Verfahren professionell und gewissenhaft geführt. Hohenecker fiel neben herausragendem Aktenwissen auch mit durchaus strengen Ermahnungen für Angeklagte und Verteidiger auf, aber auch mit dem ein oder anderen flotten Spruch.

Gemeinsam mit einem weiteren Berufsrichter und zwei Schöffen wird sie über die Urteile entscheiden. Dazu werden sich die vier in den nächsten Wochen wohl mehrfach in jenem Zimmer im Wiener Straflandesgericht einfinden, in dem der „Akt Buwog“ dank Unmenge an Unterlagen „wohnt“. Sollten die beiden Laienrichter übrigens für „nicht schuldig“, die Berufsrichter jedoch für „schuldig“ stimmen, kommt es zu einem Freispruch – im Zweifel für den Angeklagten.

Kein Ende in Sicht

Verkündet werden sollen die Urteile an einem Freitag im November oder Anfang Dezember, auch Freitag, der 13., wäre möglich. „Das wäre ihr Stil“, witzelt ein Verteidiger in Richtung Richterin. Doch wer glaubt, dass die Causa Buwog mit Urteilsverkündung abgeschlossen ist, der irrt. Denn dass der Akt bei der nächsten Instanz landen wird, gilt als sicher. Kommt es zu Verurteilungen, werden die Verteidiger Beschwerde einlegen. Kommt es zu keiner, wird es die Staatsanwaltschaft tun. Das letzte Wort in diesem Prozess ist also noch lange nicht gefallen.