Der Drogenboss müsse bei seiner Flucht Helfer unter den Gefängnismitarbeitern gehabt haben, sagte Innenminister Miguel Angel Osorio Chong am Montag. Guzman, zeitweise der meistgesuchte Verbrecher der Welt und milliardenschwerer Chef eines weltumspannenden Drogenkartells, war am Samstagabend durch einen 1,5 Kilometer langen Tunnel unter seiner Zellendusche aus dem Gefängnis getürmt - obwohl seine Zelle rund um die Uhr mit Videokameras überwacht wurde und er zudem eine elektronische Fessel trug.

Wie Innenminister Osorio Chong sagte, gab es in der Zelle aus Gründen der Privatsphäre allerdings "zwei tote Winkel", die nicht per Kamera überwacht wurden. Die elektronische Fußfessel habe zudem nur innerhalb der Gefängnismauern funktioniert.

Nach Angaben von Generalstaatsanwältin Arely Gomez wurden bisher 34 Gefängnismitarbeiter und 17 Häftlinge von den Ermittlern verhört. Unter den Befragten waren nach Angaben aus Justizkreisen die für Guzmans Zelle zuständigen Wächter und die Gefängnismitarbeiter, die die Videoüberwachung auswerteten. Vernommen wurden zudem zwei Anwälte Guzmans. Verhört werden soll auch der Besitzer des Grundstücks, auf dem der Fluchttunnel in einem Rohbau endete sowie alle Besucher Guzmans während seiner 17-monatigen Haft.

Der Innenminister forderte die Mexikaner auf, den Behörden bei der Suche nach Guzman zu helfen. Hinweise bei einer eigens eingerichteten Hotline würden vertraulich behandelt. Die ausgesetzte Belohnung in Höhe von umgerechnet 3,5 Millionen Euro ist das Doppelte der Summe, die die Regierung normalerweise für Hinweise auf Drogenbosse zahlt. "Für diesen Verbrecher wird es keine Ruhe geben", gelobte Osorio Chong. "Es wird keine Pause geben in den Anstrengungen, ihn wieder zu ergreifen."

Der Drogenbaron war im Jahr 2001 bereits ein erstes Mal aus dem Gefängnis ausgebrochen. Damals gelang ihm die Flucht, indem er sich in einem Wäschewagen versteckte. Das von Guzman angeführte Sinaloa-Kartell kontrolliert weite Teile des Drogengeschäfts in Mexiko und schmuggelt Rauschgift in die USA und bis nach Europa und Asien. Mit konkurrierenden Banden liefert es sich einen blutigen Krieg um die Kontrolle des Rauschgifthandels. Dabei wurden seit Ende 2006 nach jüngsten Angaben mehr als 80.000 Menschen getötet.

Der US-Krimi-Autor Don Winslow, der in seinem preisgekrönten Roman "Tage der Toten" sowie in dessen erst kürzlich erschienener Fortsetzung "Das Kartell" über den Drogenkrieg in Mexiko die Hauptfigur Adan Barrera an den nun geflüchteten Joaquin "El Chapo" Guzman angelehnt hat, glaubt nicht an einen echten Ausbruch: "Ich glaube, Entkommen ist der falsche Ausdruck", twitterte er.

"Er checkte aus dem Hotel aus und bezahlte die Rechnung mit Bestechung, Einschüchterung und Erpressung", lautet die Überzeugung des Schriftstellers. Winslow setzt sich in vielen seiner Bücher mit den mexikanischen Drogenkartellen auseinander. Mit "Tage der Toten" wurde er weltberühmt. In der Fortsetzung "Das Kartell" beleuchtet er die Entwicklungen im mexikanischen Drogenkrieg nach der ersten Flucht Guzmans im Jänner 2001.