Wie sehr hat sich das erste Krisenjahr bei der BKS niedergeschlagen, wie schwer lasten Stundungen und Kreditausfälle auf der Bank?
HERTA STOCKBAUER: Alle Banken, auch wir, haben die Risikovorsorgen erhöht. Die Vorsorgen schlagen sich bisher nicht in Kreditausfällen nieder. 2020 war stark von Stundungen geprägt, diese kommen jetzt kaum mehr. Überbrückungsfinanzierungen betreffen Hotellerie und Gastronomie stark, aber kaum die Industrie. Neukrediten von 2,1 Milliarden Euro stehen Überbrückungsfinanzierungen von nur 160 Millionen Euro gegenüber.

In einem Krisenjahr vergab die BKS mehr Neukredite als 2019?
Vor allem, weil die Industrie wegen der Investitionsprämie investiert – auch jetzt. Wohnbaukredite waren außerordentlich gefragt. Man sieht klar den Zug ins Grüne. Ich habe mir keine so gute Kreditnachfrage erwartet, im April fürchtete ich noch ein starkes Erbeben: Da kamen zu uns fast nur Stundungen, Überbrückungen und Vorfinanzierungen der Kurzarbeit. Das hat sich in Wohlgefallen aufgelöst.

Hotellerie und Gastronomie bleiben Problemfälle?
Ja, die sind extrem getroffen, das ist bitter. Auch in der Reisebusbranche geht gar nichts.

Gewerbe und Handwerk werden die Probleme im Tourismus noch zu spüren bekommen?
Da ist vieles zugedeckt durch Förderprogramme, einiges schlummert unter dem Teppich. Die Insolvenzen werden kommen, das hat Ansteckungseffekte. Im zweiten Halbjahr 2021 wird es losgehen, die Kreditrisiken werden wachsen.

Sehen Sie eine neue Bankenkrise auf uns zurollen?
Nein, das wird gut bewältigbar sein für die Banken, ich sehe kein Niveau wie bei der Finanzkrise. Mit dem Jahr 2020 können wir operativ wirklich zufrieden sein.

Manche Aktienindizes haben Höchststände erreicht, und das während einer großen Krise. Bahnt sich hier eine neue Dotcom-Bubble an?
Man kann noch nicht von einer großen Blase sprechen. 2020 hat das Wertpapiergeschäft unglaublich gebrummt, die Online-Umsätze sind explodiert, die Zahl der Transaktionen steigt.

Sehen Sie eine wachsende Inflationsgefahr angesichts der ungeheuren Geldmengen, die die EZB auf den Markt wirft?
Ich habe überhaupt keine Inflationsängste. Die EZB kann wieder sehr schnell aussteigen. Ich sehe keine Inflationsraten von 5, 6 Prozent – und alles andere ist ja auszuhalten.

Ein britischer Notenbanker, 49 Jahre alt, erklärte, er werde zu Lebzeiten keine Sparzinsen mehr von fünf oder sechs Prozent erleben. Teilen Sie diese Einschätzung?
Zu meinen Anfängen in der BKS Bank zahlten wir acht Prozent Zinsen für Einlagen. Ich kann mir 5 Prozent Zinsen in den nächsten fünf Jahren auch nicht vorstellen.

Wird es je wieder nennenswerte Zinsen geben?
In den letzten drei Wochen sahen wir einen deutlichen Anstieg von 30 Basispunkten im 10-Jahres-Segment. Ein bisschen eine Bewegung gibt es. Die EZB beobachtet das bereits mit Sorge – weil sie fürchten muss, dass dann die Staatsschulden nicht mehr tragbar sind.

Solange das so ist, bleiben die Zinsen im Keller?
Ja. Auch Hilfsprogramme sind nur möglich, weil der Staat fürs Verschulden Geld bekommt.

Eine Anomalie auf Zeit?
Eine komplette Verzerrung. Wenn ich mir etwas wünsche, dann, dass das Negativzinsszenario wegkommt. Ich wünsche mir aber auch keinen dramatischen Zinsanstieg, sonst bekämen wir da einen Schock. Dass wir wieder Sparzinsen von ein oder zwei Prozent sehen, kann ich nicht ausschließen, ich sehe das aber auch nicht.

Welche Note erhält die Regierung für die Krisenbewältigung?
Der Anfang war richtig. Jetzt habe ich, obwohl ich mich damit beschäftige, keinen Überblick mehr über die Förderprogramme. Bei jedem Lockdown kamen neue Hilfsprogramme - das ist mir zu viel an Aktionismus. Man muss versuchen, das einzufangen. Eine verbale Note: vieles richtig gemacht, aber zu viele Einzelaktionen.

Haben Sie Bitcoins?
Nein, und ich werde auch nie welche kaufen.

Da entgeht Ihnen möglicherweise eine schöne Rendite.
Wenn es so weitergeht, wird es irgendwann ein böses Erwachen geben. Man muss die Kryptowährungswelt regulatorisch einfangen. Darin steckt ein großes Risikopotenzial und ich finde es sehr gut, dass die Notenbanken versuchen, Ordnung in diese Welt zu bringen.