Gegen die kollabierte Mattersburger Commerzialbank hat die Finanzmarktaufsicht (FMA) bereits 2015 eine Anzeige wegen Untreueverdachts erstattet, so der "Standard" am Dienstag. Die Staatsanwaltschaft Eisenstadt hat aber keinen Anfangsverdacht gesehen und daher keine Ermittlungen aufgenommen. "Presse" und "Salzburger Nachrichten" berichteten indes, dass die gedeckten Einlagen 490 Millionen Euro betragen.

Im Jahr 2015 stießen die Prüfer der Notenbank im Rahmen einer Vor-Ort-Prüfung laut "Standard" auf Partizipationskapital (PS-Kapital), das mittels Kredit finanziert gewesen sei und daher in den Augen der Aufsicht nicht als Eigenkapital habe gelten können. Ein Whistleblower habe einen Hinweis gegeben, der Wirtschaftsprüfer soll die Anrechenbarkeit der Mittel zum Eigenkapital bestätigt haben. Die Geschäfte seien in der Folge abgestellt, rückabgewickelt und die Eigenkapitalposition richtiggestellt worden.

Gesamtschaden lag bei "nur" 280.000 Euro

Die FMA habe im Dezember 2015 dennoch eine Untreueanzeige erstattet, da die Bank von 2007 bis 2014 Zinsen für die PS-Scheinkonstruktion bezahlt habe - 40.000 Euro im Jahr. Der damalige Gesamtschaden habe also "nur" 280.000 Euro betragen, sagte Staatsanwaltschaftssprecher Roland Koch am Dienstag zur APA. Die Bankverantwortlichen hätten dargelegt, dass sie kein nachteiliges Geschäft für die Bank getätigt, nichts auf die Seite geräumt hätten. Letztlich habe es keinen Hinweis darauf gegeben, dass ein Schädigungsvorsatz vorliege, so Koch.

Das Geschäft sei von der Commerzialbank beendet worden, in Bezug auf die Bilanz sei nichts angezeigt gewesen.

Bis auf diese Anzeige aus dem Jahr 2015 sei bei der Staatsanwaltschaft Eisenstadt übrigens keine weitere Anzeige gegen die Bank eingegangen, so der Staatsanwalt. Laut Gerüchten gab es auch 2017 eine Anzeige, das stimme also nicht.

Brief von der Einlagensicherung

Die Kunden der Mattersburger Commerzialbank sollten unterdessen am Dienstag einen Brief mit einem Code von der Einlagensicherung (ESA) bekommen. Mit diesem Code und ihrem IBAN können sie sich auf der ESA-Website registrieren, um an ihr Geld zu kommen. Die gesetzliche Einlagensicherung garantiert pro Person oder Unternehmen bis zu 100.000 Euro.

30.000 Sparbücher mit Losungswort

Zusätzlich gibt es überraschend viele, nämlich 30.000, Losungswort-Sparbücher. "Zum Teil wurden da Zinsen gezahlt, die auch den Prüfern auffallen hätten müssen", wird Stefan Tacke, einer der Geschäftsführer der ESA, in den "SN" zitiert. Auf diesen anonymen Sparbüchern dürfen maximal 15.000 Euro liegen. Sparbuchinhaber, die auch ein Konto bei der Commerzialbank Mattersburg hatten, können online mit Code und Losungswort auch ihre Sparbücher freischalten, für alle anderen gibt es ein anderes Antragsformular im Internet.

Sachverständiger bestellt

Diese Woche gehen unterdessen die Befragungen von Ex-Bankchef Martin Pucher weiter. Laut "Österreich" wurde in der Causa ein Sachverständiger bestellt, der Wirtschaftsprüfer Karl Hengstberger. Er erstellte seinerzeit auch ein Gutachten zu den Vorzugsaktien der Hypo Alpe Adria.

Pucher soll mehr als zehn Jahre die Bankbilanzen mit fingierten Krediten und Einlagen aufgefettet haben und außerdem, so der Verdacht, Kredite an Kunden ohne ausreichende Bonität vergeben haben, die das Geld dann Puchers Fußballklub SV Mattersburg gesponsert hätten. Für Pucher gilt die Unschuldsvermutung. Er hatte über seinen Anwalt ausrichten lassen, dass er die Vorkommnisse zutiefst bedaure, die volle Verantwortung übernehme und bei der Aufarbeitung der Geschehnisse mitwirken werde.

Gesiba bangt um 17,5 Millionen Euro

Ein weiteres Großunternehmen outet sich als Opfer der Commerzialbank. Der der Stadt Wien gehörende Gesiba-Wohnbaukonzern wird durch den Bilanzskandal möglicherweise 17,5 Millionen Euro verlieren. Das teilte der Konzern am Dienstag mit. Die Geschäftsbeziehung mit der burgenländischen Bank bestehe seit 2007. Insgesamt habe man die Liquidität zwecks Risikostreuung bei sieben verschiedenen heimischen Bankinstituten liegen, heißt es.

Konzernsprecher Hubert Greier verwies dazu gegenüber der APA etwa auf Haftungen zum Wirtschaftsprüfer-Bestätigungsvermerk bzw. der Bilanzprüfung und Rating-Bekanntgaben. So sei das KSV-Rating für die Commerzialbank Mattersburg mit 0,003 Prozent Risiko sehr positiv gewesen. Wie von den Wirtschaftsprüfern habe es auch von der Nationalbank (OeNB) grünes Licht gegeben.

FPÖ ortet multiples Versagen der Kontrollorgane

Die FPÖ Burgenland ortet im Bilanzskandal um die Mattersburger Commerzialbank ein "multiples Versagen der Kontrollorgane". Es sei unverständlich, warum die Unstimmigkeiten nicht schon früher aufgefallen seien, sagte Landtagsabgeordneter Alexander Petschnig am Dienstag bei einer Pressekonferenz. Er fordert die Aufdeckung der strukturellen Verflechtungen der Bank und Hilfe für betroffene Firmen.

Sowohl das interne Kontrollsystem als auch der Aufsichtsrat hätten in der Causa versagt, betonte Petschnig. Kritik übte der Landtagsabgeordnete insbesondere an den Wirtschaftsprüfern. "Ich kann mir nicht vorstellen, wenn man gewissenhaft arbeitet, dass einem das nicht auffällt", sagte er.

720 betroffene Betriebe unterstützen

Es gelte nun, die wohl rund 720 betroffenen Betriebe zu unterstützen. "Sie haben gerade die Coronakrise überstanden, endlich Geld von der Bundesregierung bekommen und das ist jetzt wieder weg", betonte Petschnig. Um Insolvenzen und den Wegfall von Arbeitsplätzen zu vermeiden, fordert die FPÖ ein Hilfspaket des Landes in Form von Zuschüssen. Der angekündigte Haftungsrahmen sei zu wenig. Auch ein Hilfspaket für die Gemeinden sei notwendig. Außerdem müssten alle Querverbindungen der Commerzialbank offengelegt werden.