Der von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Freitag vom Zaun gebrochene Streit um die Verteilung von Impfstoffen unter den EU-Ländern eskaliert weiter. Nachdem das Gesundheitsministerium dem Kanzler vehement widersprochen hatte - es gäbe keine "Basarmethoden", die Beschaffung sei "ausgewogen und transparent" gelaufen, so Generalsekretärin Ines Stilling - fordert die ÖVP nun die Suspendierung von Spitzenbeamten im Haus des grünen Ministers Rudolf Anschober.

"Unvermeidbar" sei die "sofortige Suspendierung der verantwortlichen Beamten im Gesundheitsministerium, allem Anschein nach handelt es sich um Ines Stilling und Clemens Martin Auer", schreibt VP-Gesundheitssprecherin Gabriela Schwarz in einer Aussendung am Samstag.

Ex-Ministerin und ÖVP-Urgestein

Betroffen sind mit Stilling und Auer zwei Spitzenbeamte. Ines Stilling, inzwischen als Generalsekretärin mächtigste Beamtin von Anschobers Ministerium, war mehrere Jahre lang enge Mitarbeiterin unter den SPÖ-Ministerinnen Gabriele Heinisch-Hosek und Doris Bures.

Clemens Martin Auer dagegen kommt aus der schwarzen Reichnshälte. Der ehemalige Benediktinermönch war unter Erhard Busek und Wolfgang Schüssel Leiter der politischen Abteilung der ÖVP, später Kabinettchef unter Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat und seither Sektionschef im Ministerium. Unter Beate Hartinger-Klein wurde er "Sonderbeauftragter für Gesundheit" - er hat Österreich im EU-Steering Board für die Impfstoffbeschaffung vertreten.

Auch Niederlande widersprechen Kurz

Widersprochen haben Kurz' Darstellung nach Malta und Deutschland nun auch die. Das Land erhalte Impfstoffe über den Mechanismus in der EU, sagte ein Sprecher des niederländischen Gesundheitsministeriums am Samstag. "Wir halten uns an die Absprachen."

Die Niederlande nutzten zugleich den Spielraum "maximal" aus, ergänzte der niederländische Sprecher. Kontingente könnten freikommen, weil ein Land verzichte, sagte der Sprecher. Dann könnten andere Länder diese übernehmen. Das hätten die Niederlande getan.

Kurz verlangt Offenlegungen

In seiner Kritik an der Corona-Impfstoffverteilung in der EU nimmt Bundeskanzler Kurz nun auch selbst das Gesundheitsministerium seines grünen Koalitionspartners aufs Korn. Es sei ausgemacht gewesen, dass alle gleich viele Impfdosen pro Kopf erhalten, das sei aber nicht passiert, sagte er gegenüber der Tageszeitung "Österreich". Kurz verlangte auch auf nationaler Ebene volle Transparenz über Vereinbarungen.

"Ich fordere das Ministerium auf, jetzt zu prüfen, wie das passieren konnte. Ich hoffe sehr, dass sich die Beamten an die Vorgaben der Politik gehalten haben", so der Bundeskanzler: "Das Gesundheitsministerium muss die Verträge und alle getätigten Bestellungen offenlegen, damit Klarheit besteht, ob wir hier wirklich mehr Impfstoff hätten bestellen können."