Rudolf Anschober (Grüne) hatte heute seinen ersten Auftritt im Ministerrats-Foyer: Er stellte der Presse die neue Matura mit Pflegeausbildung vor. Gleichzeitig werden auch die Kollektivvertragsverhandlungen für die Sozialberufe ein Thema sein - diese gehen heute in die dritte Runde.

Beim Ministerratsfoyer wird künftig nicht der Kanzler auftreten, sondern der Ball liegt, wie berichtet, bei den Regierungskoordinatoren, Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne). Die Fachminister werden jeweils beigezogen, so wie heute ebene Rudi Anschober sowie Innenminister Karl Nehammer - er wird die Aufstockung der zusätzlichen Polizeikräfte um insgesamt 4.300 statt wie bisher geplant 4.100 Leute bis zum Jahr 2023 präsentieren.

 "Rahmenbedingungen verbessern"

Anschober betonte vor den Journalisten, es sei ihm bewusst, dass vor allem auch die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte verbessert werden müssten. "Wir haben 140.000 ausgebildete Pflegeberufe, aber viele arbeiten nicht in ihrem Beruf." Es brauche daher zusätzliche Pflegekräfte, aber "wir werden uns auch die Rahmenbedingungen für die Pflegeberufe ganz genau anschauen".

"Es ist ein Bereich, der eine enorme Wertschätzung verdient", so Anschober. "Es ist einer der schwierigsten Berufe überhaupt, aus psychologischer aber auch aus physischer Sicht."

GPA-Chefin Barbara Teiber erinnerte im Gespräch mit dem Ö-1-Morgenjournal daran, dass es vor allem darum gehe, die Arbeitsbedingungen in den Pflegeberufen zu verbessern, um dem Personalmangel zu entgegnen. Sie sprach sich vehement für einen ersten Schritt in Richtung 35-Stunden-Woche aus. Bisher sei man mit diesem Ansinnen gescheitert. Nur einen zusätzlichen Urlaubstag habe man im Vorjahr herausverhandelt.

35-Stunden-Woche

Bei der Forderung nach der 35-Stunden-Woche geht es einerseits um eine Maßnahme, die der Verdichtung der Arbeitsbelastung entgegenwirken soll, zum anderen um eine Annäherung an die Realität: 70 Prozent der Pflegekräfte arbeiten in Teilzeit, vor allem sind es Frauen. Eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich würde bedeuten, dass ihr Gehalt entsprechend ansteigt.

Die Matura mit Pflegeausbildung werde wenig bringen, wenn die Arbeitsbedingungen nicht besser und der Beruf nicht attraktiver für junge Leute wird, so Teiber.

Auch Anschober weiß, dass die Zahl der verfügbaren Arbeitskräfte nicht automatisch sprunghaft steigen wird. Ihm ist es wichtig, mehr junge Leute auf den Weg zu bringen, ihnen eine neue Perspektive zu geben. Jugendliche mit 15 in ein Pflegeheim zu schicken macht auch für ihn - so wie für Kritiker des Projekts - wenig Sinn.

In den ersten beiden Jahren des Ausbildungsprogrammes, das an vier bis fünf Standorten quer durch Österreich im Rahmen eines Schulversuchs mit zunächst 150 Schülern in Form einer Höheren Lehranstalt realisiert werden soll, wird die Schulausbildung in Richtung Matura im Mittelpunkt stehen. Erst in einer späteren Phase erfolgt die praktische Ausbildung in der Pflege.

75.000 Fachkräfte in der Pflege werden bis zum Jahr 2030 fehlen. Die Matura mit Pflegeausbildung sowie eine dreijährige Fachschule sollen die Zahl der verfügbaren Pflegefachkräfte spürbar erhöhen.

Innenminister Nehammer betonte, der Bedarf an zusätzlichen Kräften in der Exekutive sei groß. Die ersten, in den Polizeischulen neu ausgebildeten Kräfte würden im Sommer 2020 in den Polizeinspektionen ankommen.

Die Herausforderungen für die Polizei würden immer größer, so Nehammer, der diesbezüglich auf die Migrationskrise im Jahr 2015 oder auf den aktuellen Cyberangriff auf das Außenministerium verwies: "Kriminalität verändert sich." Daher müssten auch neue Sondereinheiten geschaffen werden. Die zusätzlichen Planstellen würden die Rahmenbedingungen für eine moderne Polizei schaffen und Spezialisierungen wie zur Bekämpfung der Cyberkriminalität ermöglichen.